09.11.2015 20:10:40

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Börsen-Zeitung: Ausweg Referendum, Kommentar zu Katalonien von Thilo

Schäfer

Frankfurt (ots) - Am 9. November vergangenen Jahres hat die

konservativ-nationalistische Regierung Kataloniens ein Referendum zur

Unabhängigkeit ausführen lassen, obwohl dies vom spanischen

Verfassungsgericht für illegal erklärt worden war. Daraufhin

erklärten die Nationalisten die Regionalwahlen am 27. September zu

einem Ersatzplebiszit und ernteten eine absolute Mehrheit der Sitze,

aber nicht der Stimmen. Gestern, am Jahrestag der ungültigen

Volksbefragung, stimmte das Parlament in Barcelona über einen Antrag

ab, der den Stein zur Abspaltung von Spanien ins Rollen bringen soll.

Die Zentralregierung in Madrid wird aller Wahrscheinlichkeit nach

mit der angekündigten Klage vor dem Verfassungsgericht Erfolg haben

und die Ausführung der Parlamentsentscheidung in Katalonien, die etwa

den Aufbau eigener staatlicher Strukturen vorsieht, untersagen

können. Sollten die Nationalisten jedoch wie bereits angedeutet die

Verfassungsrichter ignorieren, müsste Madrid wohl zu härteren Mittel

greifen und notfalls den Autonomiestatus Kataloniens aufheben. Das

würde die sowieso schon explosive Lage weiter verschärfen. Überhaupt

ist zu fürchten, dass in den Wochen vor den spanischen

Parlamentswahlen am 20. Dezember die Spannungen eher noch zunehmen

werden.

Viele Menschen im Lande hegen die Hoffnung, dass eine neue

Regierung in Madrid die Situation irgendwie in den Griff bekommen

könnte - etwa über eine Verfassungsreform, die den Ansprüchen der

Katalanen nach mehr Eigenständigkeit entgegen käme. Doch

möglicherweise ist es dafür schon zu spät. Die Nationalisten von

Junts pel Sí und CUP können eigentlich nur noch die totale Abspaltung

anstreben, wenn sie nicht das Gesicht verlieren wollen. Dabei ist

keineswegs gesagt, dass alle Wähler der Separatisten - 48 Prozent

derjenigen, die an der Wahl teilgenommen haben - letztlich auch

tatsächlich für die Unabhängigkeit stimmen würden. Viele von ihnen

denken, dass mit der Drohkulisse größere Zugeständnisse, etwa beim

Finanzausgleich, erzwungen werden können.

Daher ist der beste und vielleicht einzige Weg ein Referendum nach

dem Vorbild Großbritanniens. Premierminister David Cameron hatte den

Mut, die Schotten über ihre Zukunft abstimmen zu lassen. Nach einem

Zittermoment hatte der Brite damit Erfolg. Auch in Katalonien könnte,

bei allem Risiko, eine "Better-together"-Kampagne funktionieren. In

Spanien ist ein solcher Volksentscheid unter der derzeitigen

Verfassung nicht möglich. Doch Verfassungen kann man ändern, es

bedarf lediglich des politischen Willens.

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