05.01.2021 20:36:38

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Atempause, Kommentar zum Touristikkonzern Tui von Carsten Steevens

Frankfurt (ots) - In keiner Tui-Hauptversammlung seit 2013 hat man den

Optimisten Friedrich Joussen angestrengter und abgekämpfter erlebt als beim

ersten virtuellen Aktionärstreffen des Touristikkonzerns. Nahezu emotionslos und

weitgehend wortgetreu verlies der Vorstandsvorsitzende den vorgefertigten

Redetext und auch die Antworten auf rund 50 vorab eingereichte Fragen von

Aktionären und Aktionärsvertretern. Die Folgen der Corona-Pandemie und ihre

Bewältigung haben Substanz gekostet. Für die Tui ging und geht es um die

Existenz.

Für den Tourismus war 2020 ein Horrorjahr. Reisebeschränkungen haben der Branche

zugesetzt und aus der Tui über Nacht ein Unternehmen ohne Produkt und

nennenswerten Umsatz werden lassen. Der weltgrößte Touristikkonzern, der, wie

Joussen in den vergangenen Monaten immer wieder betonte, vor der Pandemie ein

kerngesundes Unternehmen war, das in das Geschäft investierte, Schulden aus der

Vergangenheit reduzierte und attraktive Dividenden zahlte, geriet zum

Stützungsfall.

Für die Bundesregierung "too big to fail", erhielt die Tui staatliche Hilfen, um

den gravierenden Mittelabflüssen zu begegnen und die Liquidität zu sichern. Das

Anfang Dezember vereinbarte dritte Finanzierungspaket über insgesamt 1,8 Mrd.

Euro hat dem Unternehmen erneut Luft verschafft. Um eine Insolvenz der Tui und

einen möglichen Totalverlust ihres Engagements zu vermeiden, hatten die

Aktionäre in der außerordentlichen Hauptversammlung am Dienstag keine andere

Wahl, als zuzustimmen. Wäre schon einer der Beschlussvorschläge nicht gefasst

worden, hätte etwa die geplante Kapitalerhöhung um rund 500 Mill. Euro, an der

sich auch der russische Großaktionär Mordaschow beteiligen will, nicht umgesetzt

werden können. Damit wiederum wäre die Rückzahlung einer im Oktober fälligen

300-Mill.-Euro-Anleihe akut gefährdet gewesen.

Die Tui und ihre Geldgeber setzen darauf, dass Impfstoffe gegen das Coronavirus

vom kommenden Sommer an zu einer Wiederbelebung des internationalen

Reisegeschäfts und zu einer kurzfristigen Rückkehr des Unternehmens zu

profitablem Betrieb führen werden. Doch die Annahmen sind mit großen

Unsicherheiten behaftet. Wann die Tui an das Vorkrisengeschäft anknüpfen kann,

ist offen. Die im Verlauf der Krise deutlich gestiegene Verschuldung belastet

das Unternehmen, die Refinanzierungsrisiken sind weiterhin beträchtlich. Das

Geschäftsmodell mag intakt sein, eine Investition in die Tui bleibt 2021 aber

mit hohen Risiken verbunden.

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