20.12.2016 22:53:56

Ostthüringer Zeitung: Jörg Riebartsch kommentiert: Was Berlin über das Land sagt

Gera (ots) - Für die Opfer des Anschlags auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin spielt es keine Rolle, ob es sich um die Tat eines einzelnen Terroristen, eines verwirrten Spinners oder um die gezielte Tat einer Gruppe handelt. Das Leben von Menschen vorsätzlich zu beenden oder sie zu verletzen, ist eine Tat, die man nur abgrundtief verachten kann. Man lernt aber momentan auch viel über die Art, wie Deutschland mit solchen Ereignissen umgeht. Politiker greifen in die Schublade der Betroffenheits-Rhetorik und geloben, der Rechtsstaats werde Härte zeigen. Wieso erst jetzt? Ist das abhängig von der Art der Straftat? Außerdem wird appelliert, niemanden unter Generalverdacht zu stellen. Andere sehen sich gerade in ihrem Generalverdacht bestätigt, suchen nach Schuldigen. Wie in der Politik wird in den meisten Medien überwiegend spekuliert, weil man nichts weiß. Bekannt ist: Vorsätzlich fuhr ein Krimineller mit einem Sattelschlepper in einen Weihnachtsmarkt. Motive unbekannt. Der Generalbundesanwalt zieht die Ermittlungen an sich, sieht einen terroristischen Anschlag. Genau weiß er es aber nicht, weil es noch kein Bekennervideo gibt. Bekennervideos werden in Deutschland also zu einem ermittlungsfesten Beweismittel geadelt. Schwer hat es die Polizei. Zunächst wird ein angeblicher Täter festgenommen. Ein Passant hat geholfen. Erste Anzeichen sind sichtbar, diesen dafür in den Heldenstatus zu erheben. Der Festgenommene ist ein Flüchtling. Sofort weiß man, wann er eingereist ist und man weiß auch, dass er sich renitent benimmt. Flüchtlinge in Deutschland, die auffallen, werden also lückenlos überwacht. Dann kommen der Polizei Zweifel, ob der Mann wirklich der gesuchte Täter ist, der den Lastkraftwagen steuerte. Daraufhin macht sofort im Internet das Stichwort Polizeiskandal die Runde. So geht es Stund auf Stund. Lernen kann man von den Franzosen, die raten: Man muss sich um die Betroffenen kümmern und den eigenen Lebensstil beibehalten. Ja!

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