10.03.2014 14:29:00
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OeBS-Prozess - Ex-Prokurist: Habe Provisionen nicht hinterfragt
Bei seiner Einvernahme wurde der Angeklagte mehrmals vom Richter Georg Olschak ermahnt, er solle seine Worte und Emotionen zügeln. Der Angeklagte war als Junior Controller in der OeBS tätig, er prüfte die Kalkulationen und war für Kostenrechnung zuständig. Nach einem Konflikt mit seinem direkten Vorgesetzten im Jahr 2003 wurde er mit denselben Aufgaben der Geschäftsführung zugeordnet und führte auch bald die Aufsichtsratsprotokolle. Das sei kein Privileg gewesen, sondern er sei dazu "verdonnert" worden, sagte der Angeklagte heute. "Warum haben Sie nicht gesagt, dass Sie das nicht machen wollen?", hakte Olschak nach. "Ich bin Mitarbeiter und habe Vorgesetzte, die mir Anweisungen geben, ich bin nicht gefragt worden", antwortete der Angeklagte. So argumentierte er während seiner ganzen heutigen Einvernahme. Er habe von den hohen Provisionen bei den Aufträgen aus Aserbaidschan (20 Prozent) und Syrien (14 Prozent) gewusst, aber er habe den Antworten der Geschäftsführer im Aufsichtsrat und bei sonstigen Besprechungen geglaubt, dass die Provisionen an Vertreter vor Ort gingen. "Bin ich gescheiter als die anderen Herren, die dort sitzen? Ich bin der Protokollführer, Herr Rat", sagte er.
Nach Darstellung der drei geständigen Angeklagten - die beiden früheren OeBS-Geschäftsführer Michael Wolf und Johannes Miller sowie eine Vertriebsmitarbeiterin - wurden die Provisionen auf die normale Kalkulation draufgeschlagen. Das Schmiergeld wurde also von den Auftraggebern, den Nationalbanken von Aserbaidschan und Syrien, mitbezahlt. Dann flossen die Millionen-Provisionen über Briefkastenfirmen wieder zurück in die beiden Länder an Personen, die von den dortigen Nationalbankern bzw. deren Umfeld genannt wurden.
In den Aufsichtsratssitzungen der Gelddruckerei saß der Angeklagte dabei und verfasste nachher ein Protokoll - das ihm OeBS-Aufsichtsratspräsident Wolfgang Duchatczek, Ex-Vizegouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), einmal schroff zurückwarf, wie der Angeklagte heute erzählte. Duchatczek habe "kein Tonbandprotokoll", sondern eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte verlangt. Das von ihm vorgelegte Protokoll hatte nämlich 19 Seiten, wie Duchatczek in einer Notiz rügend angemerkt hatte. Duchatczek habe mit ihm auch telefoniert und ihm vorgehalten, "ich sei zu deppert, um ein Protokoll zu führen", so der beleidigt wirkende Angeklagte: "So etwas kann man auch anders sagen." Inhaltlich habe der Vizegouverneur allerdings keinen Einfluss darauf ausgeübt, wie er die Inhalte kürzer zusammenfassen sollte, betonte der Angeklagte. Damit entlastete er Duchatczek, dem diesbezüglich vom Staatsanwalt vorgehalten wird, er habe eine kürzere Fassung gewollt, um die Debatte rund um die hohen Provisionen nicht so genau darzustellen. Bei der Verfassung der Aufsichtsratsprotokolle habe ihm - bis auf eine einzige, stilistische Bitte eines anderen Aufsichtsratsmitglieds, der eine Formulierungen vom Passiv ins Aktiv setzen habe wollen - nie jemand inhaltlich dreingeredet, versicherte der Angeklagte. Die Vorgabe an ihn sei nur gewesen, wenn möglich nicht mehr als fünf Seiten Aufsichtsratsprotokoll zu schreiben.
Als Prokurist hatte der Angeklagte einmal einen Vertrag - mit einem Geschäftsführer - über eine Banknotenlieferung nach Aserbaidschan unterschrieben. Auch dabei sei alles schon vorgegeben gewesen, versicherte er heute. Mit der geständigen angeklagten Vertriebsmitarbeiterin, die die Aufträge inklusive Schmiergeldzahlungen eingefädelt hatte, habe er kaum Kontakt gehabt. Außerdem sei sie 300 Tage im Jahr auf Dienstreise gewesen. Die übrigen Tage hätte sie natürlich bei ihm im Büro verbracht, meinte der Angeklagte ironisch - woraufhin ihn der Richter aufforderte, ernsthafte Antworten zu geben.
"Es war niemals von mir gedacht, gewollt oder gewusst, dass es sich bei den Provisionen um Schmiergeld handelte", betonte der Angeklagte. Auch nach zwei Geldwäscheverdachtsmeldungen von Banken, die im Zusammenhang mit den Provisionsrückflüssen über Briefkastenfirmen erhoben wurden, habe er sich nichts gedacht, meinte der Angeklagte. "Soll sich die ganze Firma Gedanken machen, was die Geschäftsführung macht?", konterte er dem fragenden Staatsanwalt.
Nachdem er dann direkt von seinem Arbeitsplatz abgeholt und zu einer mehrstündigen Einvernahme beim Staatsanwalt gebracht worden war, und dort zu den Provisionen befragt wurde, habe ihn die OeBS nach knapp dreizehnjähriger Berufstätigkeit suspendiert und bald darauf entlassen. Für seinen Rauswurf machte der - sichtlich erbitterte - Angeklagte heute den Staatsanwalt Volkert Sackmann verantwortlich. Der Ankläger dementierte diesen Vorwurf.
Einblicke gab der Angeklagte auch in Interna der OeBS: Im Aufsichtsrat selber sei nicht geschrien worden, denn vor vielen Leuten habe man sich keine Blöße geben wollen - demnach wurde also außerhalb des Aufsichtsrats durchaus laut kommuniziert. Das Programm "Fit for Future" im Zuge der OeBS-Restrukturierung habe als primäres Ziel gehabt, "Leute rauszuhauen", sagte der Angeklagte. Gleich zu Beginn sollten 10 Prozent der Belegschaft gehen, was im Programm als "Quick win" bezeichnet worden sei - später habe man diese Bezeichnung geändert, weil sie "menschenverachtend" war. Mit dem sonst drohenden Jobabbau hatten die geständigen Ex-OeBS-Geschäftsführer versucht, ihr Handeln zu rechtfertigen: Ohne Schmiergeldzahlungen hätten sie die Aufträge der Zentralbanken von Aserbaidschan und Syrien nicht bekommen, durch die Aufträge habe man Arbeitsplätze gerettet
Der Prozess wird am Freitag um 9 Uhr im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts fortgesetzt.
(Schluss) gru/kre
WEB http://www.oenb.at/
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