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16.05.2013 19:08:58

NRZ: Gift für das Vertrauensverhältnis - ein Kommentar von JAN JESSEN

Essen (ots) - Korruption ist ein Gift. Es zerfrisst schlimmstenfalls den Körper des Gemeinwesens, weswegen es gut ist, dass die deutsche Gesetzgebung rigoros dagegen vorgeht. Ein Angestellter, der für seine Firma einen geschäftlichen Vorteil erkauft; ein Beamter, der für Geld geltendes Recht verbiegt; ein Abgeordneter, der seine Stimme verkauft - all diese Leute müssen mit empfindlichen Geld- oder Freiheitsstrafen rechnen, wenn ihr korruptes Verhalten auffliegt. Für Ärzte gilt das nicht. Sie sind, wenn sie Kassenärzte sind, weder Angestellte noch Funktionsträger einer öffentlichen Behörde, hat der Bundesgerichtshof im vergangenen Jahr höchstrichterlich festgestellt. Und sie können deswegen nicht belangt werden, wenn sie sich beispielsweise von der Pharmaindustrie schmieren lassen. Dass dem noch immer so ist, ist ein Skandal. Kassenärzte mögen formal betrachtet Freiberufler sein. Sie sind aber eingebunden - und abgesichert - in einem Solidarsystem. Ein Arzt, der zu teure Medikamente verschreibt, weil er dafür Zuwendungen von Pharmavertretern bekommt, schädigt die Gemeinschaft der Beitragszahler. Offenbar geschieht das in einem erheblichen Ausmaß. Der Bundesgerichtshof spricht von "gravierenden finanziellen Belastungen für das Gesundheitssystem". Dass Schwarz-Gelb jetzt einen Straftatbestand Bestechlichkeit im Sozialgesetzbuch einführen will, ist überfällig und ein erster richtiger Schritt, greift aber zu kurz: Korruption im Gesundheitswesen muss wie die Korruption in anderen Bereichen im Strafgesetzbuch geregelt werden - und natürlich müssen alle Gesundheitsberufe erfasst werden. Eine Regelung allein über das Sozialgesetzbuch hieße: Neun Millionen privat Versicherte stünden noch immer ohne wirksamen Schutz gegen korrupte Ärzte da. Es ist begrüßenswert, dass auch die Ärzteschaft für die schärferen Korruptionsregeln eintritt, die Rot-Grün jetzt fordert. Die Mediziner haben erkannt, dass einige schwarze Schafe ihren gesamten Stand in Misskredit bringen können. Zumal die wenigen korrupten Doktoren auch das höchste Gut vergiften: das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient.

Originaltext: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/58972 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_58972.rss2

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