27.10.2013 16:05:08
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NRZ: Der ganz reale Irrsinn - ein Kommentar von REINHARD SCHÜSSLER
Essen (ots) - In einem Walt-Disney-Comic würden wir uns darüber
schlapp lachen: Die Polizei macht die Panzerknacker auf dem Weg zum
Objekt ihrer Begierde dingfest - nur, um die Bande anschließend zu
Dagobert Ducks Geldspeicher zu chauffieren. An diesem
Fußball-Wochenende lag Entenhausen jedoch in Gelsenkirchen, und das
Szenario war realer Irrsinn: Knapp 400 Randalierer, die - zur
Umgehung der Kontrollen - nicht in den angebotenen Sonderzügen
anreisen wollten, wurden vom Bahnhof Essen-West in Sonderbussen unter
Polizeischutz zur Veltins-Arena befördert, wo sie dann ihr "Werk"
vollenden konnten. Für ein Festhalten der Chaoten über das Spiel
hinaus habe es keinen "ausreichenden und personell klar zuzuordnenden
Tatgrund gegeben", so die Polizei. Man glaubt es nicht. Zumal die
Polizei-Strategie zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen bei einem
Schalker Heimspiel im Fokus stand. Nachdem gegen Saloniki eine
"falsche" Flagge genügt hatte, um den massiven Einsatz mit
Pfefferspray und Schlagstöcken zu rechtfertigen, sehen sich die
Ordnungshüter nun mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht nur tatenlos
bei der Anwendung der lebensgefährlichen Pyrotechnik zugesehen zu
haben, sondern sich quasi auch noch zu Handlangern des Mobs gemacht
zu haben.Einseitige Polizeischelte dient dem komplexen Thema der
Gewalteskalation in Fußballstadien allerdings ebenso wenig wie
gegenseitige Schuldzuweisung der Vereine (vor einem Jahr sorgten
Schalker Ultras für Störfeuer in Dortmund). Alle, die an
Fußballspielen ohne Gewaltexzesse interessiert sind, müssen ihre
Mitverantwortung hinterfragen: Die Deutsche Fußballliga, die immer
noch nicht ausreichende Sicherheits-Auflagen erteilt; die Vereine mit
ihrem mangelnden Ordnungsdienst; und auch die große Mehrheit der
echten Fans, die sich ihrer Macht mehr bewusst werden müssten. Klar,
an markigen Worten hat es auch diesmal nicht gemangelt. Da war von
"asozialem Verhalten" (Watzke) und Schamgefühl (Klopp) die Rede,
sieht man einmal von Kevin Großkreutz ("Ich schäme mich für gar
keinen") ab, der selbst zu den Unbelehrbaren zählt. Aber "rigorose
Konsequenzen" gegen die Rädelsführer anzukündigen, passt nicht zum
Verhalten der Dortmunder Mannschaft, die nicht einmal das
klitzekleinste Zeichen zu setzen gewillt war - nämlich den
obligatorischen Gang in jene Kurve zu verweigern, aus der die Raketen
abgefeuert worden waren. Die Unterstellung, alle friedfertigen
Anhänger würden sich durch ein solches Signal verprellt fühlen,
unterschätzt deren Vernunft.
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Pressekontakt: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung Redaktion
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