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06.03.2016 20:02:37

neues deutschland: zum Zeitungssturm in Istanbul vor dem EU-Türkei-Gipfel

Berlin (ots) - Dass die auflagenstärkste Tageszeitung eines Landes per Richterbeschluss vom Staat übernommen wird, ist ein im Europa des 21.Jahrhunderts einzigartiger Vorgang, zumal wenn dies mit Polizeiknüppel und Tränengas geschieht. In Europa? Nicht geografisch, sondern politisch betrachtet, gibt die türkische Führung vor, zu EU-Europa gehören zu wollen; aber mit abnehmender Bereitschaft, auf finsterste Gepflogenheiten des osmanischen Despotismus zu verzichten. Die Proteste aus Brüssel mit Verweisen auf Pressefreiheit und andere Heilige Kühe der Wertegemeinschaft EU sind nicht ausgeblieben und dennoch erstaunlich lau ausgefallen. Als EU-Beitrittskandidatin müsse die Türkei auch die Pressefreiheit respektieren, heißt es vom österreichischen EU-Erweiterungskommissar Hahn. War dies schon der Scheitelpunkt der Empörung, kann Ankara damit sehr gut leben, ansonsten ... Es ist nicht die EU, sondern Zuchtmeister Erdogan, der die Instrumente ausgepackt hat, und es sind die Europäer, die heute in Brüssel um Ankaras »Kooperation« in der Flüchtlingsfrage winseln. Die Augenhöhe ist ihnen längst verloren gegangen: »Macht doch bitte eure Schotten dicht! Wir tun ja, was ihr verlangt.« Was er will, hat der türkische Staatschef Erdogan ohne Schamröte längst zu verstehen gegeben: Keine Kritik an der Kurdenpolitik, Ruhe auch sonst an der »Menschenrechtsfront«. Der Zeitpunkt des Redaktionssturms so kurz vor dem Gipfel war sicher kein Zufall.

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