05.12.2016 22:03:56
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Neue Westfälische (Bielefeld): Regierungskrise in Rom Finstere Aussichten Julius Müller-Meiningen, Rom
Bielefeld (ots) - Es war für viele Beobachter eine Überraschung:
Die Finanzmärkte reagierten am Montag nicht mit Panik auf den Ausgang
des Verfassungsreferendum in Italien und den Rücktritt von
Ministerpräsident Matteo Renzi. Wie es scheint, gerät der Krisenriese
Italien trotz der Regierungskrise in Rom vorerst nicht ins
Straucheln. Entweder haben die Märkte den negativen Ausgang der
Volksabstimmung bereits vor dem Referendum absorbiert oder Italien
gilt bei den Finanzjongleuren gar nicht als der Wackelkandidat, als
der das Land oft dargestellt worden war. Die Aussichten auf eine
Lösung der politischen Krise in Rom sind allerdings düster wie lange
nicht. Mit Renzi hat sich eine Regierung vorzeitig verabschiedet, die
fest im Sattel saß. Wie es in Italien weitergeht, liegt nun
einerseits in der Hand von Staatspräsident Sergio Mattarella, der die
im Parlament vertretenen Parteien zu Konsultationen einberufen wird.
Regulär endet die Legislaturperiode im Februar 2018, spätestens dann
stehen Neuwahlen an. Mattarella ist versucht, eine Übergangsregierung
einzusetzen, die mit der Neuformung des Wahlrechts eine ganz konkrete
Aufgabe hat. Nicht weniger als auf das Staatsoberhaupt kommt es nun
auch auf die Vorstellungen der Parteien an, die von ganz
unterschiedlichen Interessen geleitet sind. Der Partito Democratico
(PD) ist in Grabenkämpfe verstrickt und kann Neuwahlen nicht
gebrauchen, Parteichef Renzi ist geschwächt. Silvio Berlusconi hat
sein Ziel erreicht, er sitzt mit seiner Forza Italia (FI) nach dem
Rücktritt Renzis wieder mit am Tisch der Macht. Die nicht mit
herkömmlichen politischen Parametern wie "rechts" und "links"
greifbare, populistische 5-Sterne-Bewegung (M5S) um Beppe Grillo, die
in Umfragen gemeinsam mit dem PD vorne liegt, verlangt sobald wie
möglich Neuwahlen. Dass Italien nach der gescheiterten
Verfassungsreform kein funktionierendes Wahlrecht hat, könnte sich
nun fatal auswirken. Denn die drei stärksten Kräfte im Parlament
belauern sich gegenseitig. Denkbar ist vor allem eine vorübergehende
Allianz zwischen Sozialdemokraten und Berlusconis Forza Italia, die
versucht die demokratischen Spielregeln neu zu formen. Die Aussichten
auf Erfolg dabei sind gering. Aus Furcht vor den Populisten der
5-Sterne-Bewegung werden sich die Parteien kaum auf ein
Mehrheitswahlrecht einigen, bei dem nach Wahlen ein klarer Sieger
feststeht. Die Alternative ist ein Verhältniswahlrecht mit wackeligen
Mehrheiten. Italien kennt dieses Leid seit Jahrzehnten. Echte
Veränderungen sind deshalb bis auf Weiteres nicht in Sicht. Das Land
droht in eine politische Dauerkrise und damit in Stillstand zurück zu
fallen. Bis die Investoren den Daumen über Rom senken, wäre es dann
nur eine Frage der Zeit.
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Pressekontakt: Neue Westfälische News Desk Telefon: 0521 555 271 nachrichten@neue-westfaelische.de
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