06.11.2014 20:52:57
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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Steuervermeidung in Luxemburg Ende des Schonverhaltens Knut Pries, Brüssel
Bielefeld (ots) - Jean-Claude Juncker lässt keine Gelegenheit
ungenutzt, ein Witzchen zu reißen. Es sei denn, es geht um das
"Steuerparadies Luxemburg". Das Thema findet er so lustig wie der
Dortmunder Fußballtrainer Klopp Fragen nach Marco Reuss und Bayern
München. Wer Juncker damit kommt, muss mit Zurechtweisung rechnen:
weil Luxemburg sich stets an Recht und Gesetz gehalten habe; weil das
Großherzogtum sehr wohl zu strengeren Vorschriften bereit sei; und
weil er seine Heimat nicht aus dem Glashaus mit Steinen bewerfen
lasse. Juncker war fast zwei Jahrzehnte Regierungschef des
Großherzogtums, ein Jahrzehnt zugleich Finanzminister. Dass er in
diesen Jahren die Interessen seines Landes als eines patenten
Parkplatzes für ausländisches Geld mit Schlitzohrigkeit vertreten
hat, wurde ihm in der EU und der weiteren Öffentlichkeit nachgesehen.
Cosi fan tutte - so ist das Geschäft. Außerdem ist der Mann ein
erstklassiger Europäer, da fällt die Sperrigkeit der Luxemburger bei
der zögernden Abwicklung des Steuerparadieses nicht so schwer ins
Gewicht. Doch solches Schonverhalten kann es nicht mehr geben. Aus
zwei Gründen. Zum einen offenbart die Veröffentlichung von "Luxleaks"
einen Umfang des Übels, von der man sich bislang keine Vorstellung
machte. Die EU ermittelt, aber es geht um ein System. Um den
systematischen Missbrauch des Steuerrechts zum Vorteil
internationaler Großkonzerne und zu Lasten einfacher Bürger, die der
Staatskasse die Verluste ausgleichen müssen. Diesem System sitzt man
als Premier nicht ahnungslos vor. Zum zweiten trägt Juncker jetzt
Verantwortung nicht mehr für 540.000 Luxemburger, sondern für mehr
als 500 Millionen EU-Bürger. Bei denen ist er, Sieger der ersten
Europawahl mit Spitzenkandidaten, im Wort: Er werde sich als Chef der
EU-Zentrale gegen Steuerdumping ins Zeug legen. Juncker hat sich
stark gemacht, Teil der Lösung zu sein. Doch es fragt sich, ob er
nicht Teil des Problems war. Die Einlösung seines Versprechens nimmt
er als Verdachtsfall in Angriff.
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