20.03.2015 22:34:05
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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Haushaltsplanung der Großen Koalition Bedingt zukunftsfähig Alexandra Jacobson, Berlin
Bielefeld (ots) - Haushaltsaufstellungen waren in früheren
Koalitionen schon mit deutlich größerem Konfliktpotenzial verbunden
als heute. In der angeblichen Wunschkoalition aus Union und FDP war
etwa die Verzweiflung der Liberalen groß über einen
Bundesfinanzminister Schäuble, der keinerlei Anstalten machte, auf
die Steuersenkungsversprechen des kleinen Partners einzugehen.
Dagegen ist das Verhältnis von SPD und Union sehr viel stärker von
einem nervenschonenden Geben und Nehmen geprägt: SPD-Chef Sigmar
Gabriel lobt Schäuble für den ausgeglichenen Haushalt, und Schäuble
macht zusätzliche Mittel für die klammen Kommunen locker, für die
sich die Sozialdemokraten besonders stark eingesetzt haben. Strittig
scheint allein die Frage zu sein, wer die Mittel für die steuerliche
Besserstellung von Alleinerziehenden beisteuert. Doch die
großkoalitionäre Harmonie ändert nichts an der alles entscheidenden
Grundsatzfrage: Wie zukunftsfest ist die schwarz-rote Finanzplanung?
Bestimmte Weichenstellungen sind zu begrüßen. Dass ab 2016 mehr Geld
in den Verteidigungsetat fließt, ist angesichts der sich
verschärfenden internationalen Bedrohungslage richtig. Auch gut, dass
die innere Sicherheit gestärkt und Bundespolizei und
Bundeskriminalamt mit neuen Stellen rechnen können. Positiv ist
ebenfalls zu vermerken, dass es ein Plus für die Entwicklungshilfe
geben wird. Bis 2019 will die schwarz-rote Koalition für diesen
Bereich 8,3 Milliarden Euro mehr ausgeben. Es fällt auf, dass am
stärksten die Sozialausgaben steigen. 2019 sollen 52 Prozent des
Gesamtetats in soziale Belange fließen. Und der allergrößte Posten
dabei sind die Ausgaben für die Rente. Der Rentenzuschuss wächst von
heute knapp 83 Milliarden bis 2019 auf 98,5 Milliarden. Der größte
Kostentreiber dabei ist die verbesserte Mütterrente, aber auch die
abschlagsfreie Rente mit 63 macht sich deutlich bemerkbar. Ob es
angesichts der demografischen Entwicklung wirklich ein sinnvoller
Schritt von CDU/CSU und SPD gewesen ist, mit ihren Wahlgeschenken die
Kosten für die Rentenversicherung noch einmal kräftig in die Höhe zu
treiben, darf bezweifelt werden. Kommende Generationen werden mit
diesem schwarz-roten Erbe schwer zu kämpfen haben. Aber noch ein
anderer Aspekt sorgt in der Sozialpolitik für Verdruss: Wenn man
schon so viel Geld in die Hand nimmt, sollten die Mittel doch gezielt
an die Menschen gehen, die am ärmsten sind und die es wirklich am
nötigsten haben. Das denkt sich zumindest der Laie. Doch von der
geplanten Mini-Erhöhung des Kindergelds um sechs Euro werden etwa die
Hartz-IV-Empfänger gar nichts haben, weil der Staat die
Geldleistungen miteinander verrechnet. Und Mütter, die wegen einer
winzigen Rente auf Grundsicherung angewiesen sind, gehen bei der
verbesserten Mütterrente aus den gleichen Gründen ebenfalls leer aus.
Es gäbe in der Sozialpolitik viel Reformbedarf. Desgleichen in der
Finanzpolitik, wo eine Bereinigung des Mehrwertsteuerdschungels
Mittel freisetzen könnte - für weitere Investitionen des Bundes. Denn
auch wenn die Investitionsausgaben aktuell wachsen, ist der Anstieg
trotz allen großkoalitionären Jubels relativ bescheiden. Und in den
nächsten Jahren soll diese Quote auch wieder sinken. Betrachtet man
den Haushalt 2016 und die Finanzplanung bis 2019 insgesamt, drängt
sich der Schluss auf: Die Entwürfe sind nur bedingt zukunftsfest.
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