14.11.2013 19:09:02
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Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Gabriels Leipziger Rede Zarter Schwenk in die Mitte ALEXANDRA JACOBSON, LEIPZIG
Bielefeld (ots) - Selten hat Sigmar Gabriel auf einem
SPD-Parteitag so wenig Beifall bekommen. Und doch war diese
nachdenkliche Rede von Leipzig mutiger als viele seiner lauten
Hauruck-Ansprachen. Selbstkritische Reflexion ist nun mal
traditionell keine Stärke von Volksparteien. Im Regelfall ist es
immer der böse politische Gegner, der an allem schuld ist. Aber für
die mageren Ergebnisse der Sozialdemokratie auf Bundesebene trägt
nicht Angela Merkel die Verantwortung. Die größten Fehler hat die SPD
schon immer alleine gemacht, ganz ohne fremde Hilfe. Nicht zuletzt
war es Sigmar Gabriel, der die Bundespartei zu einseitig auf einen
linken Wohlfühlkurs ausgerichtet hat. Der Preis dafür ist hoch: Die
Menschen trauen der SPD keine Wirtschaftskompetenz mehr zu. Diese
Qualität wird fast nur noch der Union zugeschrieben. Aber einer
Partei, die nicht den Anspruch hat, die Wirtschaft zum Blühen zu
bringen, traut man die Kanzlerschaft nicht zu. Warum sollte nur die
CDU immer von der SPD abkupfern? Auch die Sozialdemokraten können ab
und zu von der Union lernen. Selbst den Abbau der kalten Progression
kann sich Gabriel jetzt vorstellen. Die SPD soll nach dem Willen
ihres Chefs die kulturelle Kluft zur Arbeiterschaft schließen, die
neuerdings mehrheitlich Union wählt. Die SPD soll auch weiblicher
werden und sich stärker um individuelle Freiheitsräume kümmern.
Gabriel möchte seine Partei wieder breiter aufstellen, nicht mehr nur
als Vertreter der Schwachen und Beladenen oder als Betriebsrat der
Nation. Die SPD darf wieder ein Stück in die Mitte rücken. Dass
Rot-Rot-Grün für die Zukunft nicht ausgeschlossen wird, steht dazu
nicht im Gegensatz. Zum einen bindet Gabriel dadurch die Linke
innerhalb der SPD ein, zum anderen positioniert er sich in den
Koalitionsverhandlungen gegen Neuwahl-Drohungen aus der Union.
Gabriels Botschaften sind noch nicht ausbuchstabiert. Leipzig
markiert einen zarten Anfang. Um den Schwenk sinnlich erfahrbar zu
machen, muss Gabriel nun selbst Verantwortung übernehmen - am besten
als Wirtschafts- und Energieminister in einer großen Koalition. Da
könnte er soziale Sensibilität und wirtschaftliche Vernunft
zusammenbringen. Gelänge die Energiewende so, dass die Wirtschaft
wettbewerbsfähig und die Strompreise bezahlbar blieben, wäre etwas
Großes geschafft. Voraussetzung ist natürlich, dass die SPD-Basis die
Parteispitze in die große Koalition lässt. So viel Respekt und
Vertrauen hätte diese Führung allemal verdient. Wenn sich die Basis
querstellt, verlieren sowohl die Partei als auch das Land.
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