05.08.2016 21:32:39
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Neue Westfälische (Bielefeld): Beziehung der EU zur Türkei Schwankende Brücke Thomas Seibert
Bielefeld (ots) - Die Drohgebärden, Festnahmewellen und
anti-westlichen Töne in der Türkei sollten Europa nicht dazu bringen,
die Brücken zu dem muslimischen Beitrittskandidaten abzubrechen. Zwar
liegt eine EU-Fähigkeit der Türkei angesichts des Ausnahmezustandes
und autokratischer Tendenzen unter Präsident Recep Tayyip Erdogan in
weiterer Ferne denn je. Doch es geht überhaupt nicht um die Frage, ob
die Türkei aufgenommen werden soll oder kann. Es geht darum, die
Verbindung zu einem der wichtigsten Staaten der Region aufrecht zu
erhalten. Im Umgang mit Erdogan steht Europa vor einem ähnlichen
Problem wie im Fall Wladimir Putin in Russland. Geht der Dialog
weiter als wäre nichts geschehen, entsteht der Verdacht, ein
autoritäres Regime zu ermuntern. Werden die Taue gekappt, besteht die
Gefahr, jeden Einfluss auf einen schwierigen, aber wichtigen Nachbarn
zu verlieren. Dieses Risiko veranlasste den Westen in seinen
Beziehungen zu Russland dazu, bei aller Kritik die Gesprächskanäle
zur Regierung in Moskau offenzuhalten. Dasselbe sollte bei Erdogan
und dessen Regierung geschehen. An harsche Rhetorik aus Ankara haben
sich die Europäer gewöhnt. Rhetorische Breitseiten des türkischen
Präsidenten dürften inzwischen an Angela Merkel und Jean-Claude
Juncker abperlen. Erdogan weiß, dass er sein Land bei einem Bruch mit
der EU in die Isolation führen würde. Zwar bemüht er sich um
verbesserte Beziehungen zu den Nachbarn in Nahost und zu Russland.
Putin wird bei einem Besuch Erdogans in St. Petersburg kommende Woche
der erste ausländische Staatschef sein, der seit dem Putschversuch
mit Erdogan zusammenkommt. Doch ein besseres Verhältnis zu Russland
kann die engen Beziehungen Ankaras zu Europa nicht ersetzen. Ganz
abgesehen von der Bedeutung der EU als Handelspartner: Die Europäer
sind wichtige Verbündete Ankaras in vielen Bereichen. Im Gegenzug
braucht Europa die Zusammenarbeit mit der Türkei. Nicht nur in der
Flüchtlingsfrage, sondern auch im Kampf gegen den IS und bei den
Bemühungen, den Nahen Osten zu stabilisieren. Dies alles über Bord zu
werfen, weil Erdogan gegen den Westen poltert, wäre kurzsichtig. Wenn
Europa in der internationalen Politik nur mit Ländern in Kontakt sein
wollte, deren Politiker freundlich und friedlich sind, wäre der Kreis
der Gesprächspartner äußerst überschaubar.
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Pressekontakt: Neue Westfälische News Desk Telefon: 0521 555 271 nachrichten@neue-westfaelische.de
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