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25.02.2013 17:25:30

Moody's erhöht mit Abstufung den Reformdruck auf Großbritannien

Von Hans Bielefeld Die Aberkennung des Spitzenratings für Großbritannien durch die Ratingagentur Moody's am Freitag hat das Britische Pfund weiter auf Talfahrt geschickt. Die ehemals als sicherer Hafen geltende Währung sackte gegenüber dem US-Dollar auf den niedrigsten Stand seit rund zweieinhalb Jahren. Der Kursrutsch des Pfund und der Verlust des Topratings kurz vor Veröffentlichung des Haushaltsplans des britischen Schatzkanzlers am 20. März erhöhen den Reformdruck auf die Regierung um Premierminister David Cameron nun erheblich und dürften die politische Diskussion über die möglichen Wege aus der Wirtschaftskrise auf der Insel anheizen.

   Die Abstufung - die erste für Großbritannien seitdem Moody's 1978 begonnen hat, die Bonität des Landes zu prüfen - ist für Cameron und seinen Finanzminister George Osborne ein Schlag ins Gesicht. Die konservative Regierung hatte 2010 die Regierung mit dem Versprechen übernommen, die heimische Wirtschaft auf Vordermann zu bringen. Der Verlust des Bonitätsnote "AAA" stellt nun die Wirtschaftskompetenz der Regierung in Frage und dürfte die Chancen der Labour-Partei in den Wahlen 2015 erheblich verbessern.

   Von der politischen Führung in London und der britischen Notenbank könnte die Abstufung als Startschuss verstanden werden, die Belebung der Konjunktur noch vehementer voranzutreiben, schreiben die Analysten des Bankhauses Metzler. Insbesondere Finanzminister Osborne dürfte die Abstufung durch Moody's anstacheln. Denn er war seinerzeit mit dem Versprechen angetreten, die Bestnote des Landes zu verteidigen.

   Die Abstufung ließ das Pfund noch am Tag der Bekanntgabe kräftig einbrechen. Gegenüber dem Greenback rutschte die Währung zwischenzeitlich auf 1,5073 ab. Zum Wochenstart erholte sich das Pfund zwar wieder etwas, notiert aber immer noch deutlich tiefer als vor der Abstufung. Und auch gegenüber dem Euro musste die britische Währung Federn lassen. Nach den Aussagen von Moody's sackte das Pfund am Freitag bis auf 1,1493 Euro ab und verlor auch zum Wochenstart weiter an Wert.

   Damit setzte die britische Währung ihre Talfahrt fort. Seit Anfang des Jahres büßte sie gegenüber dem Greenback und dem Euro jeweils rund 7 Prozent ein. Die Analysten von Metzler halten den jüngsten Kursrutsch jedoch für überzogen. "Mit Blick auf die Markttechnik erscheint uns insbesondere die Pfund-Schwäche zum Euro übertrieben", so die Analysten. Mit einer deutlichen Gegenreaktion sei daher zu rechnen.

   Für international tätige Banken könnte sich das schwache Pfund jedoch als Segen herausstellen, da sie in US-Dollar bilanzieren, ihre Kosten aber großteils in Pfund laufen. Zudem dürften sich die Finanzierungskosten der Kreditinstitute kaum verschlechtern. "Da die Zinsen mit 0,25 Prozent sowieso schon sehr niedrig sind, dürfte sich die Abstufung kaum negativ auf die Finanzierungskosten der Banken auswirken", schreiben die Analysten der Citigroup.

   Ähnliche Währungsvorteile sehen die Analysten der UBS für britische Unternehmen mit einem starken Engagement in Übersee - vor allem in den USA. Sie dürften von Währungseffekten, also steigenden Einnahmen in US-Dollar und stabilen Kosten in Pfund, profitieren.

   Am Aktienmarkt wurde die Abstufung dagegen wesentlich gelassener als am Devisenmarkt aufgenommen. "Nach den Warnungen der Agenturen vom Ende vergangenen Jahres, dass die Politik der Regierungskoalition ineffektiv sei, hat man mit einem solchen Schritt gerechnet", sagt Ishaq Siddiqi vom Londoner Broker ETX Capital. Eine Abstufung durch eine große Ratingagentur sei daher weitgehend in den Kursen berücksichtigt. Der britische Aktienmarkt sei aber trotz des schlechteren Ratings weiterhin ein lohnendes Investment. Der FTSE-100-Index handelt nur knapp unter seinem jüngsten Fünfjahreshoch. Die meisten Marktakteure dürften die Abstufung als "symbolischen Schritt" betrachten.

   Und auch für die Besitzer von britischen Staatsanleihen dürfte sich die Abstufung kaum negativ auswirken, beruhigt Andrew Wells von Fidelity. "Ich glaube nicht, dass sich die Sparer sorgen müssen, ob sie bei britischen Staatsanleihen ihre Pfund zurück erhalten", sagt er. "Die Sorge gilt vielmehr der Frage, was man mit einem britischen Pfund international kaufen kann", fügt er hinzu.

   Aufschlussreich ist abschließend ein Vergleich zwischen dem britischen und dem US-amerikanischen Weg aus der Wirtschafts- und Schuldenkrise. Während die Briten mit ihren Sparbemühungen ihr Wirtschaftswachstum abgewürgt und unter anderem deshalb ihr Top-Rating verloren haben, wurden die USA wegen ihrer immer wieder aufgeschobenen Haushaltskonsolidierung von den Ratingagenturen gestraft.

   Auf lange Sicht könnte der von den USA gewählte Weg trotz Abstufung erfolgreicher sein, schreibt Trevor Greetham, Leiter Asset Allocation bei Fidelity. Die Strategie der Amerikaner, die Haushaltskonsolidierung so lange zu verschieben, bis die Konjunktur wieder Tritt fasst, scheint sich Trevor zufolge auszuzahlen. "Die US-Zinsen bleiben außerordentlich niedrig, die Wirtschaftstätigkeit liegt deutlich über dem Niveau vor der Krise, und es gibt klare Anzeichen für eine Wiederbelebung des Häusermarkts." All das deute darauf hin, dass die US-Wirtschaft der Verschuldungsfalle entkommen könnte. "Manchmal ist es besser, die Rating-Agenturen zu ignorieren", so der Analyst.

Kontakt zum Autor: hans.bielefeld@dowjones.com

   (Mehr zu diesem Thema und weitere Berichte und Analysen zu aktuellen Wirtschafts- und Finanzthemen finden Sie auf www.WSJ.de, dem deutschsprachigen Online-Angebot des Wall Street Journal.)

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   February 25, 2013 10:54 ET (15:54 GMT)

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