10.12.2015 22:17:37

Mittelbayerische Zeitung: Zum Greifen nah / Ein Klimaabkommen scheint in Reichweite. Doch für einen Durchbruch braucht es noch ein Umdenken. Leitartikel von Christine Straßer

Regensburg (ots) - Beim Klimagipfel in Paris läuft die entscheidende Phase. Vielleicht nehmen die 196 Verhandlungspartner heute eine Einigung an, die den Weltklimaschutz auf Kurs bringt. Vielleicht wird noch über das Wochenende weiter verhandelt. Auch das wäre kein schlechtes Zeichen. Ziel ist es, den durch Treibhausgase verursachten Klimawandel zu stoppen. Aus Verhandlungskreisen dringt vorsichtiger Optimismus, was einen weltumspannenden Klimavertrag angeht. Wer sich jedoch von Paris die große Erfolgsmeldung erhofft, wird enttäuscht werden. Ein Vertrag, der das Problem der Erderwärmung löst, wird - auch wenn das wünschenswert wäre - am Ende nicht auf dem Tisch liegen. Das kann ein Vertrag allein gar nicht leisten. Gleichwohl ist es wichtig, dass in Paris ein Vertragsabschluss zustande kommt und dass um Einzelheiten und Überprüfungsverfahren gerungen wird. Derlei Auseinandersetzungen sind wichtig, um in Sachen Klimaschutz voranzukommen. Die Welt muss handeln. Und die meisten Staaten haben das auch begriffen. Die Zeiten, in denen auf solchen Gipfeln darüber gestritten wurde, ob der Klimawandel überhaupt wissenschaftlich erwiesen ist, sind glücklicherweise vorbei. Das hängt damit zusammen, dass der Klimawandel keine abstrakte Bedrohung mehr ist. Die Folgen sind inzwischen vor den Haustüren spürbar - auch in Bayern. Aus dem diese Woche vorgestellten Klimareport für Bayern geht hervor, dass der Klimawandel im Freistaat bereits zum Greifen ist. Beispielsweise an der Wasserversorgung zeigt sich, wie einschneidend dieser Wandel sein könnte. Im vergangenen Rekordsommer wurden 150 Millionen Kubikmeter Wasser von Bayerns Süden in den staubtrockenen Norden gepumpt. Das Ausgleichssystem hat funktioniert, aber es war hart an der Grenze. Und dieser Sommer war nur ein kleiner Vorgeschmack von dem, was kommen wird, wenn sich nichts ändert. Wille zur Veränderung ist in Paris spürbar. Um das Geschacher um Zielwerte zu vermeiden, haben die Organisatoren zu einem Trick gegriffen. Sie haben eine Art Klimakollekte gestartet. Und siehe da, 185 Regierungen haben Beiträge eingereicht. Darunter sind bemerkenswerte Zugeständnisse. Sogar die Großverschmutzer China und die USA haben angekündigt, regenerative Energien im großen Stil ausbauen zu wollen. Das alles ist nicht ausreichend. Aber daran lässt sich anknüpfen. Knackpunkt im Verhandlungspoker ist das Geld. Die Entwicklungs- und Schwellenländer vermissen Finanzzusagen der Industrieländer. Mit ihren Abgasen tragen die Industrieländer eine historische Verantwortung. Die Entwicklungsländer fordern eine finanzielle Wiedergutmachung, nur dann können und werden sie auf den Klimakiller Kohle verzichten. Aber diese Zweiteilung der Welt greift zu kurz. Das macht die Verhandlungen so schwierig. Ein Beispiel: Warum sollte das gebeutelte Griechenland an das ölreiche Katar Klimaschutzgelder überweisen? Katar gilt als Entwicklungsland. Mit seinen zwei Millionen Bewohnern produziert es fast ebenso viel Treibhausgase wie 99 Millionen Philippiner. Auch die Philippinen gelten als Entwicklungsland. Von der strikten Aufteilung in Ländergruppen müssen sich die Unterhändler in Paris also lösen. Bemerkenswert ist deshalb eine "Koalition der Ehrgeizigen". Rund 90 Staaten - also fast die Hälfte der Delegationen -, darunter die EU, die USA sowie Länder aus dem Pazifik, der Karibik, Afrika und Lateinamerika machen mit. Sie fordern ein Ergebnis, das dem Weltklima tatsächlich hilft. Dafür müssen sie bis zum Ende um Details ringen. Gelänge es, die bisherige Zweiteilung zu überwinden, dann wäre das tatsächlich ein Durchbruch.

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