08.03.2017 20:57:56
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Mittelbayerische Zeitung: Schwierige Annäherung / Minister Gabriel hat seinem türkischen Amtskollegen zu Recht klar gemacht, dass Nazi-Vergleiche nicht akzeptabel sind.
Regensburg (ots) - Die Zunge in deinem Munde halte gefangen, sagt
ein türkisches Sprichwort. Doch türkische Minister und ihr nach
Allmacht strebender Präsident Recep Tayyip Erdogan scheinen, nicht
viel von derlei Weisheiten zu halten. Wie entfesselt wird gegen
Deutschland, gegen Behörden und Regierung vom Leder gezogen. Nur weil
türkischen Regierungsmitgliedern in dem einen oder anderen Fall ein
Auftritt vor Landsleuten in Deutschland untersagt wurde. Mit
unsäglichen Nazi-Vegleichen jedoch haben Erdogan und einige Minister
die Grenzen dessen, was an Kritik gerade noch zumutbar ist, eindeutig
überschritten. Außenminister Sigmar Gabriel hat seinem türkischen
Amtskollegen deshalb gestern Morgen zu Recht klar gemacht, dass
Nazi-Vergleiche auf keinen Fall akzeptabel sind. Sie sind nicht nur
historisch völlig falsch, sondern vergiften das Verhältnis der beiden
Länder zueinander. Weitere derartige Entgleisungen darf es nicht
geben, hat Gabriel zu Recht unmissverständlich erklärt. Man wird
Äußerungen aus Ankara daran messen, egal ob sie in der Türkei oder in
Deutschland gemacht werden. Der neue deutsche Chefdiplomat und
frühere Wirtschaftsminister ist erst wenige Wochen im Amt. Angesichts
der zuletzt dramatisch zunehmenden Spannungen zwischen Berlin und
Ankara wird er sogleich als Krisenmanager gefordert. Gabriel steht
vor der schwierigen Aufgabe, eine Wieder-Annäherung hinzubekommen.
Einerseits musste er den nicht hinzunehmenden Ausfällen von
türkischen Spitzenpolitikern ein unmissverständliches Stoppzeichen
entgegen setzen: So geht es nicht weiter! Andererseits jedoch darf er
es Ankara nicht mir gleicher Münze heimzahlen. Gabriel darf den zum
Zerreißen gespannten Gesprächsfaden zur türkischen Regierung nicht
kappen. Der deutsche Außenminister bewegt sich dabei auf einem
schmalen Grat. Eine Beschwichtigung nach den unsäglichen
Nazi-Vergleichen wäre genau so falsch wie Öl ins Feuer zu gießen. Wie
weit Gabriel und und sein Amtskollege Mevlüt Cavusoglu auch nach dem
morgendlichen Gespräch immer noch auseinander sind, zeigt schon, dass
es nicht einmal zu einer gemeinsamen Pressekonferenz kam. Sonst
eigentlich eine diplomatische Selbstverständlichkeit. In der Haltung
zum türkischen Verfassungsreferendum am 16. April, dass auf ein
Präsidialsystem Erdogans abzielt, liegen Berlin und Ankara ohnehin
völlig über Kreuz. Erdogan ist dabei, seine Macht extrem auszudehnen
und dabei gleichzeitig demokratische Rechte, etwa die Presse- und
Meinungsfreiheit, extrem zu beschneiden. Deutschland erwartet von
einem EU-Beitrittskandidaten genau das Gegenteil, nämlich den Ausbau
von Demokratie, Bürgerrechten und Rechtsstaatlichkeit. Vor allem der
Fall des türkisch-deutschen Journalisten Deniz Yücel wird immer mehr
zum Belastungstest für das Verhältnis beider Länder. Dass Erdogan ihm
öffentlich vorwarf, Terrorist und Spion zu sein, ist absurd. Und dass
die türkische Justiz gegen den Journalisten der Zeitung "Die Welt"
allen Ernstes wegen Terrorpropaganda und Volksverhetzung ermittelt,
ist nicht hinnehmbar. Yücel drohen nun bis zu fünf Jahre
Untersuchungshaft, ehe es möglicherweise zu einem Prozess kommt. Das
zeigt nur, die türkische Regierung hat die Justiz bereits zu ihrem
Büttel gemacht. Gleichwohl muss, trotz aller berechtigter Kritik an
Ankara, wieder ein halbwegs normales Verhältnis zwischen beiden
Staaten - und zur gesamten EU - hergestellt werden. Und dies nicht
nur weil die Türkei ein wichtiger Bündnispartner an der Südostflanke
der Nato und bei der Flüchtlingskrise ist, sondern auch weil die
Alternative Erdogans zu EU und Nato Putin wäre.
OTS: Mittelbayerische Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/nr/62544 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_62544.rss2
Pressekontakt: Mittelbayerische Zeitung Redaktion Telefon: +49 941 / 207 6023 nachrichten@mittelbayerische.de
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