12.04.2013 21:32:58
|
Mittelbayerische Zeitung: Mittelbayerische Zeitung (Regensburg) zur Zypern-Rettung
von Hannah Vauchelle, MZ
Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Zypern der EU das Leben einmal so schwer machen würde? Vermutlich niemand im geschäftigen Brüssel. Dort hielten die meisten die Griechenland-Pleite für den Schlimmst-Fall. Doch seit die kleine Inselrepublik um EU-Hilfen gebeten hat, stehen die Zeichen auf Sturm. Mit dem plötzlich aufgetauchten Sechs-Milliarden-Loch hat Zypern Resteuropa schockiert. Dass das Land jetzt auch zusätzliche Hilfe aus Brüssel fordert, macht das Chaos perfekt. Die EU sollte sich nicht von Nikosia auf der Nase herumtanzen lassen. Und täglich grüßt das Murmeltier: Für die Eurofinanzminister gestaltet sich die Zypern-Rettung zum alltäglich wiederkehrenden Ärgernis. Eigentlich sollte schon seit einem Monat alles in trockenen Tüchern sein. Doch das Lavieren der zyprischen Regierung um die Beteiligung der Sparer hat die Rettung immer wieder aufgeschoben. Erst bestand Staatschef Nicos Anastasiades darauf, auch Kleinsparer zur Sanierung der Banken zur Kasse zu bitten. Dann verweigerte ihm sein Parlament die Gefolgschaft, woraufhin die Eurofinanzminister nachsitzen mussten. Nach stundenlangem Streit entschloss man sich, reiche Bankkunden zu beteiligen. Damit sollte eigentlich der Schlussstrich unter die Zypern-Krise gezogen werden können. Doch nun tun sich neue Abgründe auf: Nikosia benötigt statt der bisher angenommenen 17,5 Milliarden Euro plötzlich 23 Milliarden. Keine Frage, die Insel muss die fehlenden Milliarden selbst auftreiben. Das so mühsam geschnürte Rettungspaket darf auf keinen Fall wieder aufgemacht werden. Bereits jetzt wackelt die Zustimmung im Bundestag. Sollte die Insel tatsächlich um einen Nachschlag aus der EU-Kasse bitten, wäre ein Nein aus Berlin wohl programmiert. Was dies für Slowenien oder gar Italien bedeuten würde, mag man sich lieber nicht vorstellen. Noch halten die Finanzmärkte erstaunlich ruhig. Sollte es jedoch zu Störungen bei der Verabschiedung des Zypern-Paketes kommen, steht - mal wieder - nicht weniger als die Zukunft der Eurozone auf dem Spiel. Das Chaos um die Zypern-Rettung muss der EU eine Lektion sein. Zudem liefert es einen weiteren Grund, die Umsetzung der Bankenunion unerbittlich voranzutreiben. Vermutlich erst 2015 wird es die einheitliche Aufsicht geben, die bei der Europäischen Zentralbank angesiedelt sein soll. Bis dahin verstreicht gefährlich viel Zeit, in welcher so manche Bombe noch hochgehen könnte. So befindet sich der slowenische Bankensektor in desolatem Zustand. Die Institute sitzen auf einem immensen Berg fauler Kredite. Wohl noch in diesem Jahr muss sich Ljubljana unter den Euro-Rettungsschirm flüchten. Auch auf Malta agiert ein völlig aufgeblähter Bankensektor, dessen Blase jeden Moment zu platzen droht. Deshalb ist es richtig, dass Zypern inoffiziell zum Testfall erklärt worden ist. Denn Europa braucht neben der Aufsicht dringend eine Insolvenzordnung für Banken. Dass private Geldgeber künftig bei der Sanierung zur Kasse gebeten werden, ist unausweichlich. Längst arbeitet die EU-Kommission an einem entsprechenden Gesetzesvorschlag. Der Steuerzahler hat lange genug sämtliche Risiken auf sich genommen. Auch wenn das Zypernpaket nun auf einem guten Weg scheint, hat Europa die Euro-Krise längst nicht überwunden. Im Gegenteil: Man wird lernen müssen, mit dem Erbe der Krise zu leben. Denn auch große Länder wie Frankreich oder Spanien werden von ihren hohen Schuldenquoten so schnell nicht herunterkommen. Das Wachstum in der gesamten Eurozone ist derzeit einfach zu schwach.
Originaltext: Mittelbayerische Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62544 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62544.rss2
Pressekontakt: Mittelbayerische Zeitung Redaktion Telefon: +49 941 / 207 6023 nachrichten@mittelbayerische.de
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!