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11.11.2016 23:03:52

Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zum Bundespräsidenten: Anti-Trump gesucht von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots) - Es gibt gewaltige Unterschiede zwischen einem Präsidenten der USA und dem deutschen Staatsoberhaupt. Der Chef des Weißen Hauses gilt mit seiner Machtfülle immer noch als der mächtigste Mann der Welt. Die US-Administration ist gewissermaßen "seine" Regierung. Er befehligt die größte Militärmacht des Globus`. In seinen Händen liegt die Entscheidungsgewalt über den Einsatz atomarer Waffen. Unabhängig davon, dass bald der höchst umstrittene Polit-Neuling Trump dieses Amt bekleiden wird, ist es der Inbegriff von Macht. Wer dagegen im Berliner Schloss als deutscher Bundespräsident wirkt, muss mit viel, viel kleineren Brötchen vorlieb nehmen. Seine Macht wurde, eingedenk der schlechten Erfahrungen der Weimarer Republik sowie vor allem der Hitler-Diktatur, von den Vätern und Müttern des Grundgesetzes im Grunde auf die des Wortes eingedampft. Von seinen politischen Funktionen bei der Ausfertigung von Gesetzen, der Ausrufung von Wahlen, Auszeichnungen von Bürgern und dergleichen einmal abgesehen. Mit dieser Beschränkung der Befugnisse des Staatsoberhaupts ist die Bundesrepublik nun fast schon sieben Jahrzehnte eigentlich immer gut gefahren. Regierung, vor allem die Kanzler, und Parlament erhielten in Gestalt des Bundespräsidenten ein wortmächtiges Gegenüber, mitunter sogar ein Korrektiv. Das war und ist so von Theodor Heuss, über Richard von Weizsäcker bis zu Amtsinhaber Joachim Gauck. Sie alle waren oder sind Präsidenten des Wortes, die nicht nur auf Erfolge verweisen, sondern auch auf Probleme, Unzulänglichkeiten in der Gesellschaft hinweisen. Das machte und macht sie bei einer Mehrheit des Volkes beliebt. Für die politische Klasse gilt das nicht immer. Anders als in den USA, wo der Präsidentschaftswahlkampf inzwischen viele Millionen Dollar verschlingt und auch - siehe Trump - die Grenzen des politischen Anstands unterläuft, ist die Auswahl geeigneter Kandidaten in Deutschland zumeist keine öffentliche, sondern eine verschwiegene Veranstaltung der politischen Spitzen hinter verschlossenen Türen. Das ist zu beklagen. Die jetzige Geheimniskrämerei und Kungelei der schwarz-roten Koalitionsspitzen kann auch nicht mit dem Verweis auf die geringe politische Macht des deutschen Staatsoberhaupts bemäntelt werden. Ein direktes Votum des Volkes über den Bundespräsidenten oder die Präsidentin ist längst überfällig. An den Befugnissen des Staatsoberhaupts müsste deswegen nichts geändert werden. Gegner einer Direktwahl verweisen inzwischen etwa auf Frankreich, wo nicht zum ersten Mal Rechtspopulisten, wie jetzt Marine le Pen, nach dem höchsten Staatsamt streben. Auch auf Österreich wird verwiesen, wo der smarte FPÖ-Mann Norbert Hofer nach dem Amt strebt. Freilich gibt es die Gefahr, dass in Zeiten der großen Vereinfacher und rauhbeinigen Haudraufs vom Schlage eines Donald Trump Populisten Land gewinnen. Doch es gibt eben auch die große Chance, mit einem emotionalen und faktenreichen Wahlkampf der Demokratie hierzulande neue Impulse zu verleihen. So oder so braucht Deutschland als Nachfolger des Glücksfalles Gauck eine Art Anti-Trump als nächsten Bundespräsidenten. Einen, der das Volk nicht weiter spaltet, einen der nicht knackige Parolen im Stile eines Kurznachrichtendienstes drischt, sondern einen, der in Lutherscher Manier, dem Volk aufs Maul schaut, ihm aber nicht zum Munde redet. Und es könnte endlich auch mal eine Frau an die Spitze des Protokolls rücken. Alle Personen, die für das Präsidentenamt gehandelt werden - von Steinmeier, von der Leyen bis Kretschmann - scheinen für das Schloss Bellevue geeignet. Die Kungelei der Koalitionäre ist längst überholt.

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