17.09.2014 20:07:57
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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Stefan Stark zu Ebola
Regensburg (ots) - Im Hollywood-Film "Outbreak" lässt ein
skrupelloser US-General mit einem Bombenangriff ein afrikanisches
Dorf vernichten, in dem ein tödliches Virus wütet. Als die extrem
ansteckende Ebola-Variante einige Jahre später in einer
amerikanischen Kleinstadt auftaucht, will der Filmbösewicht das
menschenverachtende Spiel dort wiederholen. Natürlich ist dieses
Szenario eine Leinwand-Fiktion. Doch zwei Botschaften daraus sind
keine Erfindung von Drehbuchautoren: Viren kennen keine Grenzen - und
sie können gefährlich mutieren. Wie ernst die Lage der aktuellen
Ebola-Epidemie in Westafrika ist, lässt sich daran ablesen, dass sich
der UN-Sicherheitsrat heute in einer Dringlichkeitssitzung mit dem
Thema befasst. Es ist erst das zweite Mal, dass sich das wichtigste
Gremium der Welt überhaupt mit einer Gesundheitskrise beschäftigt -
vor 15 Jahren stand Aids auf der Agenda. Die Ankündigung von Barack
Obama, 3000 Soldaten nach Afrika zu entsenden, um beim Aufbau von
Gesundheitszentren zu helfen, sendet gleichzeitig ein klares Signal,
das auch die Europäer wachrütteln sollte. Spät, hoffentlich nicht zu
spät, rafft sich die internationale Gemeinschaft auf, um die Epidemie
einzudämmen. Die Gefahr in Afrika wurde lange unterschätzt. Im
Gegensatz zu früheren Ebola-Ausbrüchen sind die Folgen diesmal nicht
lokal begrenzt. Die Krankheit hat inzwischen mehrere Staaten erfasst.
Sie ist außer Kontrolle geraten, weil die lokalen Gesundheitsbehörden
nicht über die Mittel für eine effiziente Seuchenbekämpfung verfügen
und weil die Welt die ehrenamtlichen Helfer in ihrem Kampf gegen
Ebola weitgehend alleingelassen hat. Zu Recht warnt Obama vor
dramatischen Konsequenzen: Weil sich die Krankheit exponentiell
ausbreiten könnte, sind in wenigen Monaten möglicherweise
Hunderttausende Menschen in halb Afrika infiziert. Die Zeit läuft
davon: Wenn die betroffenen Staaten nicht bald effiziente Hilfe
bekommen, wird dort das Gesundheitssystem, das schon längst an seine
Grenzen stößt, zusammenbrechen. Schlimmstenfalls führt das zur
Destabilisierung mehrerer Länder - mit unkontrollierbaren Folgen.
Staaten wie Sierra Leone oder Liberia, die jahrzehntelange
Bürgerkriege hinter sich haben, könnten wieder in Chaos und Anarchie
versinken. Das wäre dann ein willkommener Nährboden für
extremistische Terrorgruppen wie die Boko Haram. Soweit muss es nicht
kommen. Zwar gibt es noch keinen Impfstoff gegen Ebola. Aber die
Übertragungswege der Krankheit sind bekannt. Durch Hygiene,
Quarantäne und Aufklärung der Bevölkerung ließe sich Ebola wirksam
eindämmen. Genau das kann ein Heer von Experten leisten - aber nur,
solange eine kritische Zahl von Infizierten nicht überschritten wird.
Die Europäer müssen nicht fürchten, dass die Epidemie auf den alten
Kontinent überspringt. Zwar ist es angesichts der globalisierten Welt
wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis einzelne Erkrankungen
hier auftreten. Doch im Gegensatz zu Afrika verfügen wir über ein
ausgeklügeltes medizinisches System, das eine epidemische Ausbreitung
verhindern kann. Todes-Viren wie der Ebola-Erreger berühren tief die
Urängste der Menschen. Im Mittelalter löschte die Pest ein Drittel
der damaligen europäischen Bevölkerung aus - rund 25 Millionen
Menschen. Vor 100 Jahren wütete die spanische Grippe - die bislang
schlimmste Epidemie der Geschichte. 50 Millionen Menschen fielen der
Krankheit zum Opfer. Die aktuelle Variante des Ebola-Virus besitzt
dieses Vernichtungspotenzial nicht, weil es sich nur durch direkten
Kontakt oder durch die Berührung von Körperflüssigkeiten verbreitet.
Die eigentliche Gefahr der lautlosen Killer lauert in der Mutation
von Viren - etwa in Varianten, die sich über die Luft verbreiten. Wir
dürfen dem Erreger keine Zeit lassen, sich im menschlichen Körper
noch besser an seinen Wirt anzupassen. Sonst könnte die Wirklichkeit
die Phantasie der kühnsten Hollywood-Produzenten in den Schatten
stellen.
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