06.01.2015 20:17:59
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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Sebastian Heinrich zu Pegida/CSU/Asyl
Regensburg (ots) - Neues Jahr, alte Strategie. Die CSU startet ins
Jahr 2015 mit einem Blick nach rechts: mit einem Positionspapier zur
Asylpolitik, in dem Asylmissbrauch angeprangert wird und mit
Verständnisbekundungen für Menschen, die den rechten Welterklärern
von Pegida hinterhermarschieren. Grundsätzlich ist es gut, dass sich
die CSU mit diesen Themen auseinandersetzt - und in ihren Vorschlägen
stecken gute Ansätze. Doch sie sind nicht konsequent zu Ende gedacht.
Und so, wie sie geäußert werden, sind sie gefährlich. Es ist
begrüßenswert, dass sich Bayerns Innenminister Herrmann für eine
schnellere Integration von Flüchtlingen in die Arbeitswelt einsetzt.
Das ist nicht nur ein Gebot der Humanität, sondern auch eines
volkswirtschaftlicher Vernunft - gerade angesichts des
Fachkräftemangels in Deutschland und der hohen Akademikerquote unter
Flüchtlingen. Wünschenswert sind auch, wie von der CSU gefordert,
schnellere Asylverfahren, um Asylbewerber aus ihrem Schwebezustand zu
befreien, Klarheit zu schaffen. Doch mit ihrer strikten Trennung
zwischen "Kriegsflüchtlingen" und "Armutszuwanderern", zwischen
"echten" und "falschen" Flüchtlingen also, macht es sich die CSU zu
einfach. "Armutsflüchtlinge" sind auch westafrikanische Fischer,
denen industrielle Trawler aus Industriestaaten vor ihrer Küste die
Lebensgrundlage rauben - und Roma, die in Serbien oder Bosnien in
Ghettos am Rande der Gesellschaft leben, ohne Chance auf einen
Arbeitsplatz. Für den Umgang mit diesen Menschen gibt es keine
Patentlösung. Sie taugen aber nicht als Sinnbild für "Schmarotzer",
die den deutschen Sozialstaat schröpfen wollen. Auch in Sachen Pegida
hat die CSU im Ansatz Recht. Es gibt ernste gesellschaftliche
Probleme, die tausende Menschen derart verunsichern, dass sie bei den
Islamfeinden mitmarschieren: Ängste vor sozialem Absturz, Armut im
Alter, vor den Krisen vor den Toren Europas. Doch es reicht nicht,
wie die CSU vage sein Verständnis zu äußern "für berechtigte Ängste
und Sorgen in der Bevölkerung". Die Politik muss vielmehr klar
machen, dass an diesen Sorgen weder Zuwanderer noch Asylbewerber noch
der Islam schuld sind - sondern die demografische Entwicklung in
Deutschland, die wachsende soziale Kluft, ungelöste politische
Konflikte weltweit. Probleme, auf welche die Politik Antworten finden
muss. Die CSU sollte deshalb Pegida-Anhängern ein paar Dinge klar
sagen: dass Einwanderer den deutschen Sozialstaat nicht kaputt machen
sondern dass wir im Gegenteil noch viel mehr von ihnen brauchen, um ihn zu erhalten; dass der Islam Deutschland nicht zerstören wird, sondern dass er längst zu diesem Land gehört - aus dem banalen Grund, dass Millionen Muslime hier leben, arbeiten, Steuern zahlen; dass das wachsende Armutsrisiko in Deutschland nicht Schuld der Zuwanderer ist, sondern der Politik - die sie jetzt endlich bekämpfen muss; und dass Abschottung keine Antwort sein kann auf die Krisen in der Welt
sondern kluge Diplomatie, humanitäre Hilfe, der Wiederaufbau zerstörter Gegenden durch Förderung von Wirtschaft und Bildung. Bleibt die CSU aber auf ihrem unverbindlichen Pegida-Versteher-Kurs, ist das riskant: für die Partei selbst und - was viel gravierender ist - für die gesamte Gesellschaft. Die Christsozialen laufen Gefahr, dass die erzkonservativen Traditionalisten unter ihren Wählern statt ihrer lieber die wahrhaft überzeugten Pegida-Verfechter der AfD wählen. Und dass sich das städtische, liberalere Publikum von der CSU weiter abwendet. Und für die Gesellschaft könnte der Verständnis-Kurs bedeuten, dass sich die Pegida in ihren wirren Forderungen bestätigt sieht - und Intoleranz und Vorurteile weiter befeuern kann.
sondern dass wir im Gegenteil noch viel mehr von ihnen brauchen, um ihn zu erhalten; dass der Islam Deutschland nicht zerstören wird, sondern dass er längst zu diesem Land gehört - aus dem banalen Grund, dass Millionen Muslime hier leben, arbeiten, Steuern zahlen; dass das wachsende Armutsrisiko in Deutschland nicht Schuld der Zuwanderer ist, sondern der Politik - die sie jetzt endlich bekämpfen muss; und dass Abschottung keine Antwort sein kann auf die Krisen in der Welt
sondern kluge Diplomatie, humanitäre Hilfe, der Wiederaufbau zerstörter Gegenden durch Förderung von Wirtschaft und Bildung. Bleibt die CSU aber auf ihrem unverbindlichen Pegida-Versteher-Kurs, ist das riskant: für die Partei selbst und - was viel gravierender ist - für die gesamte Gesellschaft. Die Christsozialen laufen Gefahr, dass die erzkonservativen Traditionalisten unter ihren Wählern statt ihrer lieber die wahrhaft überzeugten Pegida-Verfechter der AfD wählen. Und dass sich das städtische, liberalere Publikum von der CSU weiter abwendet. Und für die Gesellschaft könnte der Verständnis-Kurs bedeuten, dass sich die Pegida in ihren wirren Forderungen bestätigt sieht - und Intoleranz und Vorurteile weiter befeuern kann.
OTS: Mittelbayerische Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/pm/62544 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_62544.rss2
Pressekontakt: Mittelbayerische Zeitung Redaktion Telefon: +49 941 / 207 6023 nachrichten@mittelbayerische.de
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