23.12.2014 21:37:58
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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Manfred Sauerer zu den Protesten gegen Pegida
Regensburg (ots) - Das war mehr als ein schönes Zeichen, gerade
kurz vor Weihnachten. Die Kundgebungen in München und anderen Städten
gegen Rassismus und Hetze richteten sich entschlossen und intelligent
gegen die Dresdner Pegida. Diese gibt ja vor, das Abendland gegen
eine Islamisierung schützen zu müssen. Nichts hätte diesen
fremdenfeindlichen Ansatz nun schöner karikieren können als das
Transparent, das am Montagabend am Münchner Residenztheater hing:
"Gegen eine Idiotisierung des Abendlandes." Die Aktionen waren
letztlich auch Dank-Demonstrationen für all jene, die in den
vergangenen Monaten mitgeholfen haben, für die in Deutschland
ankommenden Flüchtlinge und Asylbewerber einigermaßen gute
Bedingungen zu schaffen. Das waren sehr viele Menschen, und
sicherlich hätten auch viele ihre Häuser und Wohnungen aufgemacht, um
etwa Familien aus dem Bürgerkriegsland Syrien aufzunehmen. Aber
private Flüchtlingsaufnahme ist in Deutschland nicht möglich. Nach
dem 2. Weltkrieg war das anders. Und es hat geklappt. Die
Pegida-Organisatoren nutzen die bei vielen Deutschen latent
vorhandene Angst vor sozialem Abstieg. Zum Aufhetz-Repertoire gehören
massive Kritik an der Flüchtlings- und Asylpolitik der
Bundesregierung sowie aus dem Kontext gerissene Hinweise auf hohe
Kriminalität von Ausländern und soziales Schmarotzertum im Milieu der
Asylsuchenden. Mit den Ängsten der Menschen ließ sich eben schon
immer trefflich spielen. Nun kommt es darauf an, denen eine Stimme zu
geben, die auf die Kraft einer offenen, auf demokratische Werte
gegründeten Gesellschaft vertrauen und nicht in jeder sozialen
Problematik den Sündenbock im Milieu der Immigranten suchen. Ein
Anfang ist gemacht. Gut so! Es zeichnete sich nämlich ein schiefes
Bild des tatsächlichen Meinungsspektrums in Deutschland ab. Mit Blick
auf die Weihnachtsgeschichte darf man getrost behaupten, dass die
meisten Menschen Maria und Josef eine Herberge geben würden -
zumindest theoretisch. Eine Gefahr durch dieses arme Paar aus dem
Morgenland witterten wohl die wenigsten. Im Herbst 2014 waren aber
lange diejenigen deutlicher zu hören, die Jesu Eltern den Weg zu
unseren Türen schon im Grundsatz verbauen möchten. Der Gipfel des
Zynismus ist erreicht, wenn nach all der Hetze schließlich wie am
Montag in Dresden drei Weihnachtslieder gesungen werden. Die
christlichen Kirchen mit ihrem zentralen Anliegen der Liebe zu Gott
und den Menschen können da nicht schweigen. Und sie beginnen langsam,
sich mit dem Phänomen auseinanderzusetzen. Die Evangelische Kirche
Deutschlands nennt Pegida ob ihrer Intention unchristlich. Der
katholische Erzbischof Ludwig Schick aus Bamberg meint, Christen
dürften sich Pegida nicht anschließen. In den Reihen der
"Abendland-Schützer" herrschten Rassismus und Nationalismus. Dabei
würden Engagement und Solidarität gebraucht. Und mit Blick auf die
vermeintliche Gefahr durch den Islam ergänzt Schick: "Wir möchten,
dass alle Menschen ihren Glauben leben können." Regensburgs Oberhirte
Rudolf Voderholzer schließlich erinnert an die Willkommenskultur des
Abendlandes. Gerade jetzt, da die Geburt Christi gefeiert wird und
die vergebliche Herbergssuche seiner Eltern wieder deutlich erlebbar
wird, ist auch der richtige Zeitpunkt für den interreligiösen Dialog.
Papst, Bischöfe und Pfarrer müssen im Angesicht der Krippe die
friedliche Koexistenz der Religionen betonen. Allem Extremismus zum
Trotz. Dieser hat eh nur dort langfristig eine Chance, wo ihm
Gleichgültigkeit und Unaufgeklärtheit begegnen.
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