18.02.2019 21:33:42
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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel "Heikle Rücknahme" von Reinhard Zweigler zur Rückkehr von IS-Terroristen
Regensburg (ots) - Als der listige Grieche Odysseus der Sage nach
mit seinen Gefährten durch die Meerenge zwischen Italien und Sizilien
kam, hatte er die Wahl zwischen Scylla und Charybdis. Während das
eine Meeresungeheuer alle Seefahrer aufgefressen hätte, nahm sich
Charybdis "nur" sechs von Odysseus Gefährten. Die Wahl zwischen zwei
schlechten Übeln, wovon eines ganz furchtbar und das andere nicht
ganz so schlimm ist, wird als Entscheidung zwischen Scylla und
Charybdis bezeichnet. Um eine solche Entscheidung handelt es sich
nun, wenn die Bundesregierung darüber befinden muss, gefangene
Kämpfer des Terrornetzwerkes Islamischer Staat (IS) mit deutschem
Pass aus US-Gefangenschaft in Syrien nach Deutschland zurückkehren zu
lassen. Egal, wie sich Berlin entscheiden wird, es gibt keinen
Königsweg, sondern nur Lösungen mit sehr großem oder weniger großem
Risiko. Bei der Rücknahme von mutmaßlichen Ex-Terroristen geht es um
eine heikle Güterabwägung. Es geht um Rechtsstaatlichkeit auf der
einen sowie unsere Sicherheit auf der anderen Seite. Vor diese
Entscheidung wird Berlin nun durch Donald Trump gestellt. Wenn sich
die US-Truppen aus Syrien zurückziehen werden, wird es jedenfalls
nicht die Guantanamo-Lösung geben, wie nach der Intervention im Irak
oder Afghanistan. Seinerzeit wurden unter Präsident George W. Bush
einige Hundert Terroristen und Menschen, die man dafür hielt, in das
Gefangenenlager auf dem US-Marinestützpunkt in der Guantanamo-Bucht
auf Kuba gebracht. Für diese Personen, die eigentlich Kriegsgefangene
waren, erfand man den Status von "ungesetzlichen Kombattanten". Ihre
Rechtslage ist bis heute ungeklärt und wegen der verwendeten Verhör-
und Foltermethoden standen und stehen die jeweiligen
US-Administrationen unter heftiger Kritik. Aber weder Bush, noch sein
Nachfolger Barack Obama schlossen diese Lager. Im Fall von Donald
Trump ist nun zumindest klar, dass er das Problem der gefangenen
IS-Leute nicht nach dem Vorbild Guantanamo lösen will. Das ist,
allein unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten betrachtet, zumindest
ein Fortschritt. Allerdings bürdet Trump damit nun den Europäern,
soweit sie Staatsangehörige unter den gefangenen IS-Mitgliedern
haben, einen gewaltigen Rucksack auf. Was tun mit ehemaligen
Terroristen, die möglicherweise Blut an ihren Händen oder der
Terrormiliz vielleicht nur in anderer Weise geholfen haben? Die
allerschlechteste Variante wäre, wenn diese Personen nun einfach
freigelassen würden und irgendwie, irgendwo im Nahen Osten
untertauchen könnten. Dass sie geläutert sind und dem Terror
abgeschworen haben, ist nicht unbedingt zu erwarten. Eher könnten sie
sich schon bald, auch mangels Alternativen, verbliebenen
IS-Splittergruppen oder anderen islamistischen Terrorgruppen
anschließen. Eine sehr beunruhigende Vorstellung. Allerdings dürfen
die gefangenen, terrorverdächtigen Personen mit deutschem Pass auch
nicht so einfach wieder nach Deutschland zurückkehren wie Touristen
von einer längeren Abenteuerreise. Die deutschen Behörden müssen -
von den US-Verbündeten und anderen Partnern - genau darüber
informiert werden, wer da wieder die Rückkehr in seine ehemalige
Heimat begehren oder eben nach Deutschland zurückgeschickt werden
sollte. Genau so wichtig ist es, dass die einstigen IS-Kämpfer hier
vor Gericht zur Rechenschaft gezogen und, wenn die Beweise für ihre
individuelle Schuld ausreichen, hart bestraft werden. Solche Fälle
gab es ja bereits. Aber auch ohne das scharfe Schwert der Justiz -
beziehungsweise ergänzend dazu - werden Aussteigerprogramme für diese
Menschen und eine engmaschige Beobachtung benötigt. Das
Sicherheitsrisiko muss so klein wie nur möglich gehalten werden.
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