09.04.2017 23:17:56

Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Smolensk/Polen: Der psychische Faktor von Ulrich Krökel

Regensburg (ots) - Politik gilt als rationales Geschäft von Profis. Wenn Gefühle ins Spiel kommen, dann vor allem die der Wähler. Populisten gelten als Meister der emotionalen Manipulation. Viel zu selten werden dagegen die psychischen Bedingungen analysiert, unter denen Politiker handeln. Eine solche Herangehensweise gerät schnell unter den Verdacht, selbst irrational zu sein, eher noch esoterisch.

Dabei ist keineswegs nur im Fall von Donald Trump offensichtlich, dass die Psyche eines Politikers erheblichen Einfluss auf sein Handeln haben kann. Jaroslaw Kaczynski, der starke Mann Polens, gehört eindeutig in diese Kategorie. Verstörend ist vor allem sein Umgang mit der Flugzeugkatastrophe von Smolensk, bei der sein Zwillingsbruder Lech starb.

Der überlebende Kaczynski geht seither fest von einem Mordkomplott aus, das sein innenpolitischer Erzrivale Donald Tusk und der russische Präsident Wladimir Putin geschmiedet haben sollen. Er ignoriert nicht nur hartnäckig alle Fakten, sondern leitet aus dieser Verschwörungstheorie auch politisches Handeln ab. Zuletzt versuchte er mit geradezu blindwütiger Ignoranz, eine Wiederwahl von Tusk als EU-Ratspräsident zu verhindern.

Es steht außer Zweifel, dass bei der Aufklärung der Smolensk-Katastrophe Fehler gemacht worden sind, die das Zeug zu einem politischen Skandal haben, vergleichbar etwa dem Versagen der Ermittler im Fall des NSU-Terrors in Deutschland. Kaczynski allerdings ist nicht an Aufarbeitung interessiert. Er lebt und handelt nach den absurdesten Verschwörungstheorien, die sich um das Unglück ranken. Man wird sich schwer damit tun, dafür eine rational-politische Erklärung zu finden.

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