04.02.2016 23:37:37

Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Seehofer in Moskau: Riskante Gewässer, von Christine Schröpf

Regensburg (ots) - Irrlichternd, peinlich - Bayerns Regierungschef Horst Seehofer war schon im Vorfeld seiner Moskau-Reise von der Opposition mit deftiger Kritik überzogen worden. Tatsächlich bestand die Gefahr, dass er angesichts Ukraine-Krise und aktueller Spannungen zwischen Deutschland und Russland von Wladimir Putin massiv für anti-westliche Stimmungsmache missbraucht wird, die dieser Tage in Russland üblich ist. Doch das schillernd ausgemalte Desaster ist ausgeblieben, Seehofer bewegt sich zwar nicht mit Eleganz, aber ziemlich stolperfrei auf internationalem Parkett. Wohl mag es die russische Seele gestreichelt haben, wie offen er für ein Ende der Sanktionen gegen Russland plädierte. Seehofer ließ bei aller Schmeichelei für Putin aber keinen Zweifel daran, dass das Land vorab in Sachen Ukraine Bringschulden zu erfüllen hat. Ein massiver Affront gegen die Politik von Kanzlerin Angela Merkel - Seehofer steht hier zu Recht unter ständigem Generalverdacht - lässt sich daraus nicht konstruieren. Ein Teil der Seehofer-Schelte von SPD und Grünen ist politisches Kalkül. Die Russland-Reise dient als willkommener Anlass, dem ungeliebten bayerischen Kraftmeier, der der Opposition mit notorischer Geringschätzung begegnet, ein paar Hiebe zu versetzen. Das ist Tagesgeschäft. Stärker irritieren muss Seehofer der Beifall der Linken-Politikerin Sarah Wagenknecht, die für einen strammen und unkritischen Pro-Russland-Kurs steht. Er muss auch aufpassen, in welches außenpolitisches Fahrwasser er mit seinen sorgsam gepflegten Kontakten auch nach Saudi-Arabien, Ungarn und Katar gerät. Katapultiert die Russland-Reise Seehofer in die Riege der versierten Außenpolitiker? Mitnichten. In Moskau war kein Staatsmann, sondern ein Ministerpräsident zu Gast. Seehofers Kernanliegen waren nicht Weltpolitik oder Menschenrechte, sondern wie immer schlicht und einfach das, was er als bayerische Interessen definiert. Wenn Wirtschaftssanktionen fallen, will der Freistaat vorne mitmischen. Ein Kalkül, das allerdings aufgehen dürfte.

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