07.01.2015 23:47:58
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Mittelbayerische Zeitung: Kampf um 40 plus X
Wildbad Kreuth, das ist seit Jahrzehnten eines der ersten großen
Politik-Events des Jahres - seit die FDP bundespolitisch
bedeutungslos ist, ist die Klausur der CSU-Bundestagsabgeordneten
sogar das erste überhaupt. Vor allem aber ist Wildbad Kreuth eine
wichtige Schlagzeilenfabrik für die CSU. Und die muss produktiv
bleiben. Das tut sie auch 2015 - selbst wenn das rhetorische
Heizmaterial, eine Verschärfung der Asylpolitik, reichlich fragwürdig
ist. Doch die Aufmerksamkeit ist für die CSU 2015 so wichtig wie
lange nicht: Sie muss bis 2017 noch in diesem Jahr Themen platzieren,
mit denen sie richtig wahrgenommen wird - damit der Streit um das
unselige Wahlkampf-Lieblingsthema Pkw-Maut nicht das Einzige bleibt,
woran sich die Menschen in der Bundestags-Wahlkabine erinnern. Warum
Partei-Übervater Horst Seehofer ausgerechnet jetzt die Frage nach
seiner Nachfolge wieder aufs Tapet bringt, ist rätselhaft. Seehofers
Beteuerungen, für die Spekulationen um die Thronfolge könne er
nichts, erscheinen jedenfalls wenig glaubwürdig. Der
Ministerpräsident ist zu erfahren im Umgang mit Medien: Er musste
wissen, wie die Aussage zu seiner Zukunft wirken würde. Es erscheint
so, als hätte es die CSU wieder einmal mit einem jener Alleingänge zu
tun, die den CSU-Strategen in regelmäßigen Abständen Bauchgrimmen
bescheren. Die Frage taucht zur Unzeit auf. Denn sie rückt den Fokus
weg von den Themen, mit denen die CSU in diesen Tagen eigentlich
punkten möchte. Langfristig aber gehören die Frage nach den Inhalten
und die nach der richtigen Person an der Spitze zusammen. Denn auf
Dauer braucht die CSU einen charismatischen Anführer, der das
schafft, was in Zukunft wohl immer schwieriger wird: die einzige
bayerische Volkspartei zu bleiben. Es gilt, in Freistaat eine - im
Vergleich zu anderen Bundesländern nach wie vor sehr üppige -
40-Plus-x-Prozent-Übermacht zu bewahren - in einer
Parteienlandschaft, die immer komplizierter wird: Die AfD droht,
erzkonservative und euroskeptische Wähler anzulocken. Die Grünen
wollen wirtschaftsfreundlicher sein und werden in Bayern immer
salonfähiger: Ausgerechnet im Kreuth-Landkreis Miesbach ist der
Landrat seit 2014 ein Grüner. Und wenn es die FDP geschickt anstellt,
kann auch sie eines Tages der CSU wieder Stimmen strittig machen. Bei
der Landtagswahl 2008 hatte sie das ja schon einmal geschafft. Damit
die CSU ihre Position verteidigt, braucht sie neben gutem Personal
aber auch Mut zu einer klaren Haltung bei wichtigen Themen: etwa ein
eigenes wirtschaftspolitisches Konzept, das sich abgrenzt von anderen
Parteien. Erkennbar ist das etwa bei den Reformvorschlägen zur
Erbschaftssteuer, die die CSU regionalisieren möchte. Die CSU könnte
auch in der Außenpolitik punkten - beispielsweise, im Gegensatz zur
Schwesterpartei CDU, mit einer klaren Position zu Waffenexporten oder
zur Abhörpraxis westlicher Geheimdienste. Was Deutschland nicht
braucht, sind gefährliche Flirts mit dem rechten Rand in Sachen
Asylpolitik. Zu befürchten steht aber, dass die CSU wieder auf ein
urbayerisches Thema setzt. Dass die Partei wieder zur Eile beim
Länderfinanzausgleich drängt - und betont, andere Bundesländer
dürften ihre Haushalte nicht mit der Erbschaftssteuer sanieren,
deutet darauf hin, dass die CSU mit bayerischem Hurra-Patriotismus
punkten will. Diese Haltung kommt im Rest Deutschlands zwar allzu oft
reichlich arrogant herüber und macht die CSU immer mehr zur Regional
und immer weniger zur Bundes- oder Europapartei. Aber sie
funktioniert beim Wähler im Freistaat. Zumindest bisher.
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