13.04.2014 21:18:58
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Mittelbayerische Zeitung: Einigung in weiter Ferne: Der ehrgeizige Fahrplan für das transatlantische Freihandelsabkommen aus dem vergangenen Jahr ist inzwischen nur noch Makulatur. Von Thomas Spang
Regensburg (ots) - Vier Verhandlungsrunden liegen bereits hinter
den Unterhändlern der EU und der USA. Und eine fünfte ist noch vor
der Sommerpause geplant. Eine Einigung über die transatlantische
Freihandelszone TTIP scheint mit jeder neuen Runde in weitere Ferne
zu rücken. Je mehr Europäer und Amerikaner ins Detail gehen desto
größer werden die Probleme. Jüngstes Beispiel ist die Opposition aus
dem US-Kongress gegen geschützte Namen für Produkte aus bestimmten
Regionen. Die EU besteht darauf, dass beispielsweise "Feta" nur Käse
aus Griechenland, Parma der Schinken aus Italien und "Kölsch" das
Obergärige aus Köln heißen dürfen. In einem Brandbrief an den
US-Handelsbeauftragten Michael Froman und US-Landwirtschaftsminister
Tom Vilsack verlangt ein überparteiliches Bündnis, dass
Lebensmittelhersteller ihre Produkte auch künftig so nennen dürfen,
wie sie wollen. Alles andere sei schädlich für das Geschäft und die
Verbraucher. Die Gesetzgeber wittern hinter der Brüsseler Forderung
nichts anderes als eine Finte, Hersteller in der EU vor der
Konkurrenz von außen zu schützen. Die Europäer regen sich umgekehrt
über Gen-Mais und Chlorhühnchen auf, die für Kosten-Effizienz zu
Lasten von Umwelt und Verbraucherschutz stehen. Um einen ruinösen
Preiswettbewerb zu verhindern, sollen die als minderwertig
empfundenen Nahrungsmittel grundsätzlich draußen bleiben. So geraten
das "Chlorhühnchen" und die "Brat" wechselseitig zum Symbol für das
Misstrauen zwischen den Handelspartnern. Kein Wunder, dass die
Verhandlungen nicht richtig vom Fleck kommen. Dabei sollte TTIP ein
Katalysator sein, der Europäer und Amerikaner wieder näher
zusammenbringt. Seine Anhänger schwärmen vom größten gemeinsamen
Wirtschaftsraum mit 700 Millionen Verbrauchern, der weltweit Maßstäbe
für den Handel setzen könnte und nebenbei Hunderttausende Jobs
schafft oder sichert. Der ehrgeizige Fahrplan zu Beginn der
TTIP-Verhandlungen im vergangenen Jahr ist inzwischen Makulatur.
Dafür gibt es zu viele ungelöste Hindernisse. Wobei der
Verbraucherschutz und Umweltstandards nur einen Bereich ausmachen.
Die Amerikaner bestehen auf der Übernahme ihrer strengen Regeln für
die Finanzindustrie, die Europäer wollen ihre Kulturwirtschaft
schützen. Washington liegen die Interessen amerikanischer Investoren
am Herzen, Brüssel die Datensicherheit seiner Bürger und Unternehmen.
In den USA gibt es - wie hierzulande - vor allem bei Gewerkschaftern
und Umweltschützern erhebliche Vorbehalte. Das hilft zu erklären,
warum es das Weiße Haus nicht besonders eilig hat, zu Ergebnissen zu
kommen. Im November stehen die "Midterms" an, bei denen das
Repräsentantenhaus und ein Drittel der Senatoren neu gewählt werden.
Die demokratische Mehrheit im Senat steht auf der Kippe. Die
Demokraten brauchen jede Unterstützung, die sie kriegen können.
Deshalb haben ihre Führer im Kongress ausgeschlossen, dem
US-Präsidenten umfassende Handelsvollmachten einzuräumen. Aus
demselben Grund gerieten auch die parallelen Gespräche über ein
transpazifisches Handelsabkommen (TTP) der USA mit Japan, Australien,
Vietnam und acht anderen Staaten in die Sackgasse. Die zur Wiederwahl
anstehenden Repräsentanten und Senatoren wollen sich nicht in die
Position bringen lassen, am Ende nur "ja" oder "nein" zu dem
Verhandlungsergebnis sagen zu können. Die grundsätzliche Frage
bleibt, ob die transatlantischen Partner die Globalisierung gestalten
wollen oder von ihr getrieben werden. TTIP und TTP deckten immerhin
zwei Drittel des globalen Handels ab. Bei aller berechtigten Kritik
besteht die Gefahr, dass Europäer und Amerikaner die strategische
Chance verpassen, soziale und ökologische Standards für den Weltmarkt
aufzustellen.
OTS: Mittelbayerische Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/pm/62544 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_62544.rss2
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