18.03.2014 21:34:00
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Mittelbayerische Zeitung: Ein Mahner für Freiheit im Schloss Bellevue - Vor zwei Jahren wurde Gauck Bundespräsident. Nach anfänglichem Fremdeln hat er seine Rolle gefunden. Von Reinhard Zweigler
Regensburg (ots) - Mitunter werden vorschnelle Äußerungen im
Nachhinein vom Lauf der Geschichte zu Wahrheiten gemacht. Und
vielleicht ist Joachim Gauck beim gestrigen Spruch des
Bundesverfassungsgerichts zum Euro-Rettungsschirm ein Stein vom
Herzen gefallen. Denn der vor zwei Jahren zum deutschen
Staatsoberhaupt gewählte einstige Rostocker Pfarrer und
Bürgerrechtler verfing sich ausgerechnet gleich bei seinem
Antrittsbesuch bei der EU in Brüssel im komplizierten
Beziehungsgeflecht der Verfassungsorgane. Er sehe nicht, dass die
Bereitschaft der Bundesregierung zur Euro-Rettung vom Karlsruher
Gericht "konterkariert" werde, meinte Gauck seinerzeit flott und
optimistisch. Nur, das oberste Gericht in Deutschland hatte noch gar
über den Rettungsschirm befunden, Bundestag und Bundesrat waren mit
dem Regierungsvorhaben noch nicht befasst gewesen. In der Folge
dieses Fauxpas kamen Irritationen, Fragen, Zweifel an der Befähigung
des neuen Hausherren im Schloss Bellevue auf. Ist das oberste
Staatsamt vielleicht doch eine Nummer zu groß für den Ostdeutschen,
mangelt es ihm an Respekt vor den anderen Verfassungsorganen? Nach
zwei Jahren im Amt können diese Zweifel als ausgeräumt betrachtet
werden. Zwar hat Gauck anfangs gefremdelt, hat Zeit gebraucht, um die
neue, ungewohnte Aufgabe auszufüllen. Doch nun hat er seine Rolle
gefunden. Er bleibt ein Mahner für Freiheit, die sein Lebensmotto
geworden ist, und er bleibt unbequem. Vielleicht sogar ein Stück weit
unberechenbar. Auch als Bundespräsident, der vielen diplomatischen
Zwängen unterworfen ist, fühlt er sich offenbar weiterhin als
"linker, liberaler Konservativer", der bereit ist, all diesen
politischen Lagern die Leviten zu lesen. Freilich nicht mehr so
penetrant, wie er es als Bürgerrechtler oder Chef der Aktenbehörde
des DDR-Staatssicherheitsdienstes getan hat. Den wortmächtigen
Widerpart der Kanzlerin, die ihn nicht im Bellevue haben wollte, will
Gauck allerdings nicht geben. Nicht wenige hatten genau das von Gauck
erwartet, nachdem Angela Merkel zuerst dem unglücklichen Christian
Wulff ins Präsidentenamt verholfen hatte. Gauck ist eher ein
Weiterdenker, Zuspitzer, wo sich Merkel wortreich um klare
Botschaften herumdrückt. Ein Paukenschlag war ganz gewiss seine Rede
vor der Münchner Sicherheitskonferenz Ende Januar. Dort schlug Gauck
den großen Bogen von der deutschen Verantwortung, die aus früherer
Schuld erwächst, vom Wert heutiger Freiheit bis zu künftiger,
entschiedener Übernahme von internationaler Verantwortung. Das hatten
sinngemäß zwar auch die neue Verteidigungsministerin Ursula von der
Leyen oder Außenminister Frank-Walter Steinmeier erklärt, doch bei
Gauck war das Echo am nachhaltigsten. Zum Schutz von Freiheit und
Leben gehörten notfalls auch Militärinterventionen, sagt Gauck und
folgt damit seiner Logik. Ein Pazifist, komme was da wolle, ist er
nie gewesen. Und eigentlich hatte der Bundespräsident, dessen Vater
einige Jahre im russischen Straflager verbringen musste, in diesem
Frühling eine Reise nach Moskau geplant. Aber die ist offenbar erst
einmal ausgesetzt. Schade, denn Gauck hätte Putin einiges zu sagen.
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