21.09.2017 23:07:56
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Mittelbayerische Zeitung: Die Macht im Ungleichgewicht / Der Bund übernimmt mehr Verantwortung. Deshalb müssen die Länder stärker kooperieren.
Regensburg (ots) - Es ist nicht zu übersehen, dass die
Bundesländer in der zurückliegenden Wahlperiode weiter an Einfluss
verloren haben. Zum einen sind immer mehr Entscheidungen nach Europa
geflossen. Zum anderen drängt der Bund in die Verantwortung. Und die
Länder lassen das zu, weil sie im Gegenzug mehr Geld bekommen. Bei
der inneren Sicherheit konnte man das besonders deutlich beobachten.
Gemeinsames Terrorabwehrzentrum, stärkere Bundeszuständigkeit beim
Verfassungsschutz, Ausbau von Bundespolizei und Bundeskriminalamt -
die großen Gefahren für die innere Sicherheit machen eben an den
kleinräumigen Grenzen von 16 Bundesländern nicht Halt. Das zweite
Feld ist die Bildung. Hier fordern außer der CDU/CSU derzeit alle
Parteien in ihren Wahlprogrammen, dass die Länder weitere Macht
abgeben sollen. Noch die mildeste Variante ist dabei, dass der Bund
finanziell eingreifen soll, um eine gemeinsame Bildungspolitik zu
fördern, etwa durch den Ausbau von Ganztagsschulangeboten. Bisher ist
ihm das verboten. Vorgeschlagen wird auch, dass die Länder ihre
Bildungspolitik stärker aneinander angleichen müssen. Diese Vorstöße
bedeuten letztlich das Ende der bisherigen alleinigen Bildungshoheit
der Länder. Richtig ist auch das. Denn Deutschland kann im globalen
Kampf um die besten Köpfe nicht vorankommen, wenn 16 Kita-, Schul-
und Hochschulsysteme nebeneinander existieren oder sogar
gegeneinander arbeiten. Fernstraßen, Digitalisierung und Kultur sind
weitere Felder, auf denen sich der Bund immer weiter vorwagt. Was
bleibt den Bundesländern faktisch als Kompetenz, wenn es so
weitergeht? Zunehmend nur noch die Verwaltung. Vom Geldeintreiben in
den Finanzämtern (ein Aufgabengebiet, auf dem sich der Bund auch
schon einmischt), über den Strafvollzug bis zur Kommunalaufsicht. Die
16 Landesparlamente werden als Gesetzgeber damit immer
bedeutungsloser. Das ist natürlich keine ungefährliche Entwicklung,
denn noch gibt es starke regionale Identitäten. Auch ist die
Bundesebene sehr bürgerfern. Ein zunehmender Zentralismus stellt
daher die Frage nach der Legitimität und der Vermittelbarkeit von
Entscheidungen. Und das in Zeiten der Wutbürger. Statt Terrain zu
verteidigen, das nicht mehr zu verteidigen ist, sollten die Länder
sich besser koordinieren. Die Alternative zum jetzigen System heißt
nicht Ende des Föderalismus, sondern kooperativer Föderalismus. Also
mehr gemeinsame Absprachen und Vorstöße. Ein Beispiel dafür sind die
Bundesratsinitiativen, die oft neue, bürgernahe Ideen in die Debatte
geworfen haben. Ob bei den Mieten, im Verkehr oder in der
Umweltpolitik. Allerdings müsste der Bund sie ernster als bisher
behandeln. Ein anderes Beispiel ist die weitere Verständigung über
gemeinsame Bildungsstandards. Ein so verstandener Föderalismus könnte
sehr wohl ein Gegengewicht zum Bund darstellen. Voraussetzung dafür
ist freilich, dass die kleinstaatlichen Eitelkeiten und die
ideologischen Grabenkriege mancher Staatskanzleien aufhören. Einigen
Ministerpräsidenten fällt das schwerer als anderen.
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