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21.02.2016 13:29:39

Merkel und Koalition: Weniger Kindergeld für EU-Ausländer

BRÜSSEL/BERLIN (dpa-AFX) - Die Koalition will nach britischem Vorbild Sozialleistungen für Zuwanderer aus anderern EU-Staaten kürzen. So soll das Kindergeld für EU-Ausländer auch in Deutschland an die niedrigeren Lebenshaltungskosten in den Heimatländern angepasst werden, wenn die Kinder dort leben. "Gerade die Frage des Sozialmissbrauchs beschäftigt uns in Deutschland auch", sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem EU-Gipfel in Brüssel.

Dort war Großbritannien, wo viele Gastarbeiter aus Osteuropa leben, zugebilligt worden, Sozialleistungen auf breiter Front einzuschränken. "Auch Deutschland kann davon Gebrauch machen, kann ich mir vorstellen", meinte Merkel. Die CDU-Chefin machte in Brüssel aber deutlich, dass es für Deutschland anders als für London nicht in Frage komme, den Zugang zu Sozialleistungen für EU-Ausländer für einige Jahre komplett auszusetzen.

Das SPD-geführte Bundesfamilienministerium signalisierte bei der Anpassung des Kindergeldes für EU-Ausländer bereits Zustimmung. "In der Regel sind die Lebenshaltungskosten geringer als in Deutschland. Wir werden nun innerhalb der Bundesregierung beraten, wie Deutschland damit weiter verfahren wird", sagte eine Sprecherin.

Beifall kam umgehend von der CSU. Ihre Landesgruppenchefin im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, lobte die Brüsseler Vereinbarungen mit Großbritannien. "Die Beschlüsse insbesondere in Bezug auf den Anspruch auf Sozialleistungen von EU-Ausländern und Kindergeld sind ganz im Sinne der CSU", sagte Hasselfeldt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Ihre Partei fordere das seit zwei Jahren.

Der familienpolitische Sprecher der Union im Bundestag, Marcus Weinberg (CDU), betonte, das Kindergeld diene in erster Linie der Sicherung des Existenzminiums. Das sei in jedem EU-Mitgliedstaat unterschiedlich hoch. Eine Anpassung sei gerecht. "Damit werden zudem Fehlanreize reduziert, den Lebensmittelpunkt wegen der Höhe der Sozialleistungen in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen", sagte Weinberg.

Nach Ansicht der Grünen-Familienpolitikerin Franziska Brantner müsste die Anpassung in diesem Fall aber auch für Kinder gelten, die in vergleichsweise teuren Ländern leben. "Will heißen: Für Angehörige bestimmter Staaten wie Dänemark oder Schweden müsste Deutschland dann auch höhere Kindergeldzahlungen leisten", sagte Brantner. Außerdem wäre es nötig, auch die Zahlungen für Kinder von Deutschen anzupassen, die zurzeit im Ausland lebten.

Nach den Vereinbarungen des EU-Gipfels soll die neue Regelung bis 2020 nur für Neuanträge gelten. Danach können die Staaten diese Regelung auf alle Zahlungen anwenden - auch wenn diese bis dahin in anderer Höhe geflossen sind. Dies soll für alle EU-Staaten gelten, nicht nur für Großbritannien. "Dass künftig Kindergeldzahlungen für anderswo in der EU lebende Kinder an das dortige Niveau angepasst werden können, kommt allen 28 Mitgliedstaaten zugute", sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Herbert Reul.

Tschechien befürchtet einen Dominoeffekt in Europa. "Die Summe der Kindergeldzahlungen aus Großbritannien ist bei uns relativ gering, aber bei Deutschland oder Österreich liegen die Zahlen deutlich höher", sagte Ministerpräsident Bohuslav Sobotka.

Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis wiederum ist froh, dass die Einschränkungen der Sozialleistungen für EU-Ausländer in Großbritannien nicht rückwirkend angewendet sollen und im Falle künftiger Gastarbeiter später schrittweise wieder ausgeglichen würden. In Großbritannien leben und arbeiten mehr als 100 000 rumänische Staatsbürger./tb/tl/DP/zb

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