03.12.2015 19:45:48
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Merkel: Bund redet bald mit Ländern über Neuordnung der Finanzen
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Bund und Länder haben bei Gesprächen am Donnerstag noch keine Einigung über eine Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen ab 2020 erzielt. Der Bund will mit den Ländern nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aber demnächst über die Neuordnung der Finanzen sprechen, nachdem diese ihm nun einen gemeinsamen Vorschlag dazu gemacht haben.
"Das hat der Bund zur Kenntnis genommen," sagte Merkel nach einem Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder im Kanzleramt. "Wir hatten noch keine Gelegenheit, uns mit den Vorschlägen zu befassen, aber dazu wird es natürlich in absehbarer Zeit vor allen Dingen zwischen dem Bundesfinanzminister und den Ländern Gespräche geben."
Die Länder hatten sich unmittelbar vor dem Treffen mit der Kanzlerin auf eine gemeinsame Position in dem seit über einem Jahr schwelenden Streit verständigt. Sie verlangen aber vom Bund fast zehn Milliarden Euro und damit deutlich mehr Geld, als dieser bisher angeboten hat.
Kanzlerin will die Gespräche abwarten
Merkel ließ offen, ob der Bund dazu bereit ist. "Ich habe nicht ohne Bedacht gesagt, dass ich mich dazu heute nicht äußern möchte", erklärte die Bundeskanzlerin. Man habe die Dokumente entgegen genommen, und die Gespräche müssten geführt werden.
Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Bremens Bürgermeister Carsten Sieling, warb bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel für das Konzept, das eine Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens dazu schon Anfang 2016 vorsieht.
"Uns ist bewusst, dass die Einigung nur mit einem hohen Beitrag des Bundes möglich ist", sagte der SPD-Politiker mit Blick auf den von den Ländern verlangten Finanzbeitrag des Bundes von gut 9,6 Milliarden Euro. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) erklärte, eine Einigung der Länder sei nur möglich gewesen, indem "man das Volumen ausgeweitet" habe. Sieling erwartete, dass die Länder nun "sehr zügig auf eine Einschätzung" des Bundes hoffen könnten.
Länder wollen derzeitigen Ausgleich abschaffen
Das von den Ländern vorgeschlagene Modell sieht einen Wegfall des bisherigen Umsatzsteuervorwegausgleichs vor. Dafür wollen die Länder aber zusätzliche Umsatzsteuerpunkte im Gegenwert von 4,02 Milliarden Euro bekommen, wie aus einem Protokoll ihrer Sitzung hervorgeht, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte.
"Der Länderfinanzausgleich wird in seiner jetzigen Form abgeschafft", heißt es in dem Papier. "Durch die Neuordnung der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen steht kein Land finanziell schlechter da als ohne die Neuordnung."
Demnach sollen auch Zuweisungen des Bundes zum Ausgleich der Finanzkraftunterschiede auf Gemeindeebene von 1,54 Milliarden Euro fließen, und die finanzschwachen Länder Saarland und Bremen sollen Sanierungshilfen über insgesamt 800 Millionen Euro erhalten. Alle finanzschwachen Konsolidierungsländer sollen nach dem Plan ab 2016 ihre Kredite gemeinsam mit dem Bund prolongieren können und dadurch von einem Zinsvorteil profitieren. Ab 2020 soll diese Möglichkeit nach dem Willen der Bundesländer für sämtliche 16 von ihnen gelten.
Seehofer zeigt sich zufrieden
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) stellte laut Kölner Stadt-Anzeiger in Aussicht, dass sein Land die Klage gegen den Finanzausgleich zurückziehen könnte. "Wir haben nach langer Diskussion endlich eine Neuordnung des Länderfinanzausgleichs", sagte er. "Der Finanzausgleich selbst wird abgeschafft und die Steuerverteilung gerechter gestaltet." Der CSU-Chef sprach von einer Entlastung Bayerns um 1,3 Milliarden Euro.
Schäuble hat in den vergangenen Wochen mehrfach an die Länder appelliert, sich untereinander zu einigen, und betont, durch die Gespräche zur Bewältigung der gegenwärtigen Flüchtlingswelle könne Bewegung in die Verhandlungen kommen. Nach seinem mit Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) vorgelegten Vorschlag sollten die Länder rund 8,5 Milliarden Euro mehr über höhere Bundesergänzungszuweisungen und einen höheren Anteil an den Umsatzsteuereinnahmen vom Bund erhalten.
Eine Neuordnung der Finanzbeziehungen ist nötig, weil das derzeitige System nach 2019 nicht mehr gilt. "Spätestens Ende 2019 müssen die Bund-Länder-Finanzbeziehungen neu geordnet sein", heißt es im Koalitionsvertrag von Union und SPD. Sowohl der Länderfinanzausgleich als auch der Solidarpakt laufen dann aus.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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December 03, 2015 13:15 ET (18:15 GMT)
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