26.04.2015 14:38:40
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Mehr Tempo bei Griechenland-Verhandlungen - Kompromiss im Mai?
RIGA (dpa-AFX) - Nach Streit, Blockaden und Drohungen werden die Verhandlungen über ein griechisches Reformpaket beschleunigt. "Es wird eine Abmachung in den nächsten Wochen geben", sagte der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling nach Beratungen in Riga. Angesichts der dramatisch zugespitzten Finanzlage in Griechenland sind aber Gedankenspiele über einen "Plan B", der auch einen Euro-Austritt ("Grexit") umfassen könnte, nicht mehr tabu. Die europäischen Minister diskutierten jedoch nicht bei ihrem am Samstag in der lettischen Hauptstadt beendeten Treffen über Alternativszenarien.
Nach dem ursprünglichen Zeitplan sollte ein umfassendes Reformpaket Griechenlands bereits Ende April vereinbart sein. Die Europartner lassen diese Frist verstreichen und setzten darauf, nun spätestens bis Ende Juni einen Kompromiss zu finden.
Am 30. Juni läuft das schon zwei Mal verlängerte Hilfsprogramm aus - 7,2 Milliarden Euro blockierte Hilfen stehen für Athen noch bereit. Am 11. Mai werden die Euro-Finanzminister wieder über die griechische Schuldenkrise beraten. Ein Sondertreffen ist bisher nicht geplant.
Mehrere Ressortchefs wiesen Spekulationen über einen möglichen "Plan B" für einen Zahlungsausfall und eine Aufgabe des Euro in Griechenland zurück. Der Österreicher Schelling sagte: "Da ist überhaupt nichts dran. Der Plan B wurde nicht diskutiert."
Ein Austrittszenario wurde laut Verhandlungskreisen von einem kleineren Land am Freitag in der Euro-Runde ins Spiel gebracht. Das habe der griechische Ressortchef Gianis Varoufakis empört zurückgewiesen. Der Grieche war in der turbulenten Sitzung erheblich unter Druck geraten.
Die Griechen selbst wünschen sich einen Verbleib im Euroland. Nach einer repräsentativen Umfrage der Athener Zeitung "To Vima" sprechen sich 72,9 Prozent der Griechen dafür aus.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich in der Plan-B-Debatte zurückhaltend: "Die Frage einem verantwortlichen Politiker zu stellen, bringt ein unlösbares Dilemma mit sich." Natürlich werde alles getan, um eine Zahlungsunfähigkeit Athens zu vermeiden. "Aber die Frage, ob alles, was wir tun können, die Wirkung hat, die wir alle wünschen, ist damit nicht beantwortet." Dies liege in der Verantwortung Griechenlands.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte in der zurückliegenden Woche am Rande des Brüsseler Sondergipfels mit Blick auf einen möglichen Zahlungsausfall gesagt: "Es muss alles unternommen werden, um das zu verhindern."
Kapitalverkehrskontrollen etwa könnten nur durch die jeweilige Regierung eingeführt werden, sagte Schäuble auch mit Blick auf den anhaltenden Geldabfluss aus Griechenland. Zypern habe sie in der Krise eingeführt und inzwischen wieder komplett abgeschafft.
"Natürlich reicht die Phantasie aus, sich vorzustellen, was alles Mögliche passiert", sagte Schäuble weiter. Bisher gebe es nicht genug Fortschritte in den Verhandlungen Athens mit der EU-Kommission, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB), kritisierte der Berliner Minister.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sagte: "Es ist klar: die Zeit wird knapp". Die Lösung könne nicht von den Notenbanken kommen. Diese hätten limitierte Aufgaben und ein klar begrenztes Mandat.
Laut Sloweniens Ressortchef Mramor Dusan muss man sich auch mit dem Fall beschäftigen, dass keine rechtzeitige Einigung auf ein Reformpaket oder ein neues Hilfsprogramm gelingen. Er brachte dabei ein Ausscheiden aus der Eurozone aber nicht direkt ins Gespräch. "Plan B kann alles sein." Die "Financial Times" hatte zuvor berichtet, Dusan habe in der Eurogruppe vorschlagen, sich mit einem "Plan B" auf einen Zahlungsausfall Griechenlands vorzubereiten, sollten die Verhandlungen nicht schneller vorankommen.
Das Parlament in Athen billigte am späten Freitagabend einen bereits vergangenen Montag ausgegebenen Erlass, wonach alle staatlichen Institutionen und öffentlich-rechtlichen Betriebe gezwungen sind, ihre Geldeinlagen an die griechische Zentralbank (Bank of Greece) zu überweisen. Die Notenbank werde dafür sogenannte "Repos-Papiere" (Rückkaufvereinbarungen) mit einer kurzen Laufzeit mit einem Zinssatz von 2,5 Prozent ausgeben./awe/sl/cb/DP/fbr
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