27.01.2019 17:21:41
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Mauer-Streit in USA geht nach Ende des Rekord-'Shutdowns' weiter
WASHINGTON (dpa-AFX) - Nach dem Ende des längsten Regierungs-"Shutdowns" in der Geschichte der USA geht der erbitterte Streit über die Finanzierung einer Grenzmauer zu Mexiko weiter. US-Präsident Donald Trump und die oppositionellen Demokraten einigten sich zunächst nur auf einen Übergangshaushalt für Teile der US-Regierung bis zum 15. Februar. Bis dahin wollen sie weiter nach einer Einigung im Streit um die Grenzsicherung suchen.
Gelingt das nicht, steht eine weitere Eskalation an: Trump drohte für diesen Fall mit einem erneuten Stillstand der Regierungsgeschäfte oder der Ausrufung eines "Nationalen Notstands". Am Wochenende verteidigte er seine Forderungen erneut und versprach, die Mauer werde kommen.
Nach dem Rekord-"Shutdown" dauert es in den betroffenen Teilen des Staatsapparats, bis wieder Normalität einkehrt. Die "Washington Post" berichtete, die US-Steuerbehörde IRS werde mehr als ein Jahr benötigen, um liegengebliebene Arbeit aufzuholen und zum Normalbetrieb zurückzukehren.
Fünf Wochen lang waren Teile der US-Regierung wegen der Auseinandersetzung über die Grenzsicherung lahmgelegt gewesen. Trump hatte sich geweigert, ein Budgetgesetz für mehrere Ministerien und deren untergeordnete Behörden zu unterzeichnen, wenn darin nicht 5,7 Milliarden Dollar (rund 5 Milliarden Euro) für den Bau einer Grenzmauer eingeplant würden. Um das Geld für die Mauer zu bekommen, ist Trump im US-Kongress auf Stimmen der Demokraten angewiesen. Die lehnen eine Finanzierung aber weiterhin ab. Sie halten die Mauer für ein unmoralisches und ineffektives Mittel gegen illegale Grenzübertritte.
Beschlossen ist nun vorerst nur der Übergangshaushalt, der keinerlei Mittel für eine Mauer vorsieht. Die Vereinbarung wird daher weithin als Niederlage für Trump angesehen, weil sie im Kern einem Vorschlag der Demokraten entspricht.
Der Streit kam nach Angaben aus dem Weißen Hauses die Steuerzahler teurer zu stehen als die von Trump geplante Mauer: Die Kosten für den "Shutdown" überstiegen demnach die von Trump geforderte Summe von 5,7 Milliarden Dollar.
In den kommenden drei Wochen wollen beide Seiten nun weiter über eine Einigung zur Grenzsicherung verhandeln. Der Bau einer Grenzmauer ist eines von Trumps zentralen Wahlkampfversprechen. Er hatte 2016 sogar in Aussicht gestellt, Mexiko werde für die Kosten aufkommen.
Die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders, schrieb am Freitag (Ortszeit) auf Twitter, in 21 Tagen werde Trump mit den Plänen zum Mauerbau voranschreiten - mit den Demokraten oder ohne sie. Trump betonte am Wochenende in mehreren Tweets, eine Mauer sei dringend nötig. "21 Tage gehen schnell vorbei", schrieb er und versprach erneut: "Wir werden die Mauer bauen!"
Trump ist der Auffassung, dass er die Mauer auch ohne Zustimmung des Kongresses errichten lassen könne, wenn er einen "Nationalen Notstand" ausriefe. Das ist aber umstritten und dürfte vor Gericht angefochten werden.
Noch vor wenigen Tagen hatte Trump zumindest eine "erhebliche Anzahlung" für die Mauer verlangt, bevor er einem Übergangshaushalt zustimmen würde. Am Ende knickte er jedoch ein - angesichts des enormen Drucks, der sich über Wochen aufgebaut hatte. Seit Beginn des "Shutdowns" gingen Trumps ohnehin niedrige Zustimmungswerte weiter nach unten. Die Mehrheit der Bevölkerung machte ihn und seine Republikaner für den Stillstand verantwortlich.
Rund 800 000 Bundesangestellte waren seit dem 22. Dezember im Zwangsurlaub oder mussten ohne Gehalt arbeiten. Am Freitag blieb bei vielen Staatsbediensteten zum zweiten Mal in Folge das Gehalt aus, das normalerweise alle zwei Wochen gezahlt wird. Zum Teil waren die Betroffenen auf Lebensmittelspenden und Mahlzeiten in Hilfsküchen angewiesen. Der Frust unter ihnen nahm stetig zu.
Wichtige Behörden wie die für Strafverfolgung, Grenzschutz oder Flugsicherheit arbeiten während eines "Shutdowns" eigentlich weiter, also etwa Fluglotsen, FBI-Agenten und Grenzbeamte. Zuletzt meldeten sich aber auch hier zunehmend Mitarbeiter krank, etwa bei der Transportsicherheitsbehörde TSA. Die personellen Engpässe führten zu erheblichen Verspätungen an mehreren Flughäfen. Bundesbehörden warnten vor Sicherheitsrisiken als Folge des "Shutdowns". Auch die Prognosen für die Auswirkungen des Stillstands auf die US-Wirtschaft wurden zuletzt immer düsterer.
Angesichts all dieser Konsequenzen bröckelte schließlich der Zusammenhalt unter Trumps Republikanern. Der Präsident beugte sich schließlich dem allgemeinen Druck.
Die Führungsriege der Demokraten hielt sich mit Triumph-Bekundungen am Wochenende zunächst zurück, die hinteren Reihen der Demokraten sprachen aber offen von einem Misserfolg Trumps. Auch aus den Reihen seiner eigenen Anhängerschaft kam Kritik. Die rechtskonservative Kommentatorin Ann Coulter etwa bezeichnete Trump angesichts der Vereinbarung auf Twitter als "Schwächling".
Trump mühte sich, den Eindruck einer Niederlage zu zerstreuen. "Das war keineswegs ein Zugeständnis", schrieb er auf Twitter. Vor dem "Shutdown" hatte er angekündigt, den Stillstand als Druckmittel zu nutzen, um die Demokraten im Mauer-Streit zum Einlenken zu zwingen.
Der Rückkehr zur Normalität in den betroffenen Teilen des Staatsapparats braucht Zeit. Die betroffenen Regierungsmitarbeiter sollen ihre ausgebliebenen Löhne möglichst schnell rückwirkend ausgezahlt bekommen. Das Prozedere dürfte aber noch ein paar Tage dauern./jac/cy/DP/nas
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