15.09.2020 18:01:40

MÄRKTE EUROPA/Freundlicher Grundton in der Seitwärtsspanne

Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Hoffnungen auf einen Konjunkturaufschwung haben am Dienstag die Kurse an den europäischen Märkten etwas gestützt. Am Nachmittag verteidigten DAX und Euro-Stoxx-50 die leichten Aufschläge, die sie nach den günstigen Zahlen vom ZEW-Konjunkturindex eingesammelt hatten. Allerdings führte die Sitzung der US-Notenbank im Verlauf zu einer abwartenden Haltung, Ergebnisse werden erst am Mittwoch erwartet. Der DAX gewann 0,2 Prozent auf 13.218 Punkte, der Euro-Stoxx-50 zog um 0,5 Prozent auf 3.332 Punkte an. Thema Nummer eins war allerdings - zumindest am deutschen Markt - ein Kurssturz der Grenke-Aktien, die zeitweise mehr als 20 Prozent absackten und knapp 19 Prozent schwächer schlossen.

Nach Ansicht von Viceroy Research ist die Grenke-Aktie "uninvestierbar wegen unverhohlenen Betrugs in der Buchführung". Darunter seien Dutzende Transaktionen mit nicht angegebenen verbundenen Gesellschaften. Die internen Kontrollen fehlten bei Grenke komplett, so Viceroy.

Ein Sprecher von Grenke kündigte auf Anfrage von Dow Jones Newswires eine Stellungnahme zu den Vorwürfen an. Zunächst konnte er dazu nach eigenen Angaben nichts sagen.

Viceroy setzt über Short-Positionen auf fallende Kurse. Hinter Viceroy Research steckt der britische Investor Fraser Perring, der unter anderem bei Wirecard engagiert war. Dort hatte er bereits 2016, damals noch mit seinem Partner Matthew Earl unter dem Namen "Zatarra Research & Investigations", vor Unregelmäßigkeiten gewarnt.

"Viele Analysten werden nun auf dem falschen Fuß erwischt", so ein Händler. Zuletzt habe es in der Aktie drei Kauf- und vier Halteempfehlungen, aber nur eine Reduce-Empfehlung gegeben. Andererseits seien schon im August viele Short-Positionen aufgebaut worden. Der Chart habe Ende August/Anfang September eine Top-Formation vollendet.

ZEW-Kojunkturerwartungen so hoch wie zuletzt vor 20 Jahren

Am Gesamtmarkt blieb es aber nach der ZEW-Konjunkturumfrage bei dem freundlichen Grundton. Die Konjunkturerwartungen von Finanzanalysten und institutionellen Investoren haben sich im September entgegen den Vorhersagen weiter verbessert und liegen nun auf dem höchsten Niveau seit dem Jahr 2000. Weder die Brexit-Sorgen noch die erhöhten Corona-Neuinfektionen konnten die Stimmung trüben. Die Marktstrategen der Helaba bewerteten die Umfrageergebnisse als Indiz für eine kräftige Erholung der Wirtschaft im dritten Quartal.

Der Index der Konjunkturerwartungen stieg auf 77,4 Punkte von 71,5 im Vormonat. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte hatten dagegen einen Rückgang der Konjunkturerwartungen auf 70,0 vorausgesagt. Der Index der Lagebeurteilung verbesserte sich von minus 81,3 auf minus 66,2 Punkte. Erwartet worden war lediglich ein Anstieg auf minus 72,0.

Abwartende Haltung vor Sitzung der US-Notenbank

Trotz der guten Zahlen hingen die Indizes aber nach wie vor in der Seitwärtsbewegung der vergangenen Tage fest, beim DAX liegt sie zwischen 13.100 und gut 13.300 Punkten. Händler sprachen auch von einer abwartenden Haltung vieler Anleger vor der Sitzung der US-Notenbank. Die Änderung in der Inflationsstrategie hatte Fed-Präsident Jerome Powell bereits im Rahmen seiner Rede in Jackson Hole kommuniziert. Nun warten Marktteilnehmer auf Details, eine Änderungen der Leitzinsen wird nicht erwartet. Ein Händler meinte, möglicherweise werde auch die US-Notenbank keinen Impuls für einen Ausbruch liefern, möglicherweise würden die Karten erst nach dem Auslaufen der Optionen und Futures an den Terminbörsen am Freitag neu gemischt.

Positive Signale für die globale Erholung der Wirtschaft nach dem Corona-Einbruch kamen erneut aus China. Die Einzelhandelsumsätze, wichtiger Gradmesser für Chinas Konsum, legten erstmals in diesem Jahr wieder zu und stiegen im August um 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch die Industrieproduktion stieg im vergangenen Monat, und zwar um 5,6 Prozent, Ökonomen hatten hier ein Wachstum von 5,2 Prozent erwartet.

Im DAX stiegen Heidelbergcement um 1,5 Prozent auf 55,38 Euro. Das Brokerhaus Mainfirst hat die Aktien mit einem Kursziel von 65 Euro auf die Empfehlungsliste gesetzt. Bayer zogen um 2,7 Prozent an auf 56,82 Euro. "Die Anleger setzen auf weitere Fortschritte bei der Beilegung der Glyphosat-Klagen in den USA", so ein Händler. Daneben waren Fresenius im Zuge guter Nachfrage nach europäischen Pharma-Aktien mit einem Plus von 1,2 Prozent gesucht. Auf der anderen Seite gaben MTU und Conti nach den jüngsten Aufschlägen schon wieder nach, MTU um 1,4 und Conti um 1,1 Prozent. Schwach notierten auch Deutsche Bank und - im MDAX - Commerzbank.

H&M überrascht positiv

Bei den Sektorenindizes zogen die Stoxx-Indizes der Rohstoff-Aktien und der Pharma-Titel um jeweils knapp 2 Prozent an, der Index der Einzelhandelstitel gewann 2,3 Prozent. Bei den Einzelhandelswerten ragten H&M mit einem Plus von fast 11 Prozent heraus. Die Analysten von Jefferies bewerteten erste Zahlen des schwedischen Modehändlers zum Gewinn im dritten Quartal positiv. Vor Steuern erwartet das Unternehmen ersten Schätzungen zufolge ein Plus von 2 Milliarden Kronen, dagegen sei der Konsens nur von einem ausgeglichenen Ergebnis ausgegangen. Die Umsätze lagen im Rahmen der Erwartungen. Auch der Ausblick auf das Schlussquartal wird positiv gesehen. Das stationäre Geschäft finde langsam den Weg in die Normalität, zum Ende des dritten Quartals waren noch etwas mehr als 200 Geschäfte vorübergehend geschlossen, gegenüber rund 900 zu Beginn des Quartals.

Fiat Chrysler stiegen um 9 Prozent. Das Unternehmen kürzt vor der Fusion mit PSA die Dividende. Die Entscheidung werde zu einer stärkeren Bilanz des kombinierten Unternehmens führen, merkten die Analysten von Jefferies an. Die Logik des Zusammengehens bleibe überzeugend. Fiat Chrysler wird nun vor dem Abschluss der Fusion eine Bardividende von 2,9 Milliarden Euro an seine Aktionäre ausschütten, statt der zuvor vereinbarten 5,5 Milliarden Euro. Die PSA Group werde eine Vereinbarung über die Ausgliederung ihrer 46-prozentigen Beteiligung am Automobilzulieferer Faurecia vor dem Abschluss der Transaktion streichen. Stattdessen werde die Beteiligung im Wert von rund 2,7 Milliarden Euro erst nach dem Abschluss ausgegliedert. Peugeot notierten 2,2 Prozent im Plus, Faurecia fielen um knapp 7 Prozent.

Als neutral für die Daimler-Aktie wurde von Händlern gewertet, dass die Stuttgarter in den USA einen weiteren Teilerfolg auf dem Weg zur endgültigen Einigung bei der Auseinandersetzung um zu hohe Diesel-Abgaswerte erzielt haben. "Die zu erwartenden Kosten sind bereits bekannt, nur eine Ablehnung hätte eine Überraschung geliefert", so ein Aktienhändler. Die US-Regulierungsbehörden hätten nun bereits geschlossenen Vergleichen zugestimmt. Die Kosten für die Vergleiche mit US-Behörden hatte der Konzern Mitte August auf rund 1,5 Milliarden Dollar beziffert, die Kosten für die Beilegung der Sammelklage von Verbrauchern auf rund 700 Millionen Dollar. Daimler notierten 0,4 Prozent leichter.

Index Schluss- Entwicklung Entwicklung Entwicklung

stand absolut in % seit

Jahresbeginn

Euro-Stoxx-50 3.332,26 +15,47 +0,5% -11,0%

Stoxx-50 3.009,30 +21,73 +0,7% -11,6%

Stoxx-600 370,96 +2,45 +0,7% -10,8%

XETRA-DAX 13.217,67 +24,01 +0,2% -0,2%

FTSE-100 London 6.105,54 +79,29 +1,3% -20,1%

CAC-40 Paris 5.067,93 +16,05 +0,3% -15,2%

AEX Amsterdam 555,95 +3,51 +0,6% -8,0%

ATHEX-20 Athen 1.593,70 +3,31 +0,2% -30,7%

BEL-20 Bruessel 3.363,15 +9,53 +0,3% -15,0%

BUX Budapest 34.248,86 -755,38 -2,2% -25,7%

OMXH-25 Helsinki 4.336,43 +27,85 +0,6% +2,7%

ISE NAT. 30 Istanbul 1.241,78 +0,85 +0,1% -10,6%

OMXC-20 Kopenhagen 1.330,96 +16,46 +1,3% +17,2%

PSI 20 Lissabon 4.285,97 -1,81 -0,0% -17,8%

IBEX-35 Madrid 7.036,00 +84,90 +1,2% -26,3%

FTSE-MIB Mailand 19.956,95 +163,15 +0,8% -15,8%

RTS Moskau 1.253,68 +25,20 +2,1% -19,1%

OBX Oslo 756,03 +7,14 +1,0% -10,4%

PX Prag 898,33 -0,37 -0,0% -19,5%

OMXS-30 Stockholm 1.818,80 +16,11 +0,9% +2,7%

WIG-20 Warschau 1.743,93 -14,72 -0,8% -18,9%

ATX Wien 2.236,85 -1,19 -0,1% -28,9%

SMI Zuerich 10.520,00 +62,57 +0,6% -0,9%

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/hru/raz

(END) Dow Jones Newswires

September 15, 2020 12:01 ET (16:01 GMT)

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