05.06.2014 10:40:32

MÄRKTE EUROPA/Börsen vor EZB-Entscheidung in Lauerstellung

   Von Thomas Leppert

   Der große Auftritt von EZB-Chef Mario Draghi lässt nur noch wenige Stunden auf sich warten. An der Börse wird fest davon ausgegangen, dass die Europäische Zentralbank um 13.45 Uhr die Leitzinsen nochmals leicht senken wird. Das erwarten auch 46 von 47 der von Dow Jones Newswires befragten Ökonomen. Wesentlich spannender ist allerdings für die Börsen, was Draghi dem Kapitalmarkt auf der Pressekonferenz ab 14.30 Uhr mitteilt. Im Vorfeld gehen die Börsen auf kaum verändertem Niveau in Lauerstellung. Der Dax startet 3 Punkte leichter bei 9.923 in den Handel, der Euro-Stoxx-50 notiert mit 3.238 Punkten unverändert.

   Auch am Devisenmarkt herrscht Ruhe, der Euro wird bei 1,36 Dollar gehandelt und damit auf dem Niveau vom Vorabend. "Mario Draghi hat die Karten in der Hand", stellt Chris Weston von IG fest. Man dürfte das Potenzial des EZB-Präsidenten für Überraschungen nicht unterschätzen. "Draghi kann problemlos etwas sagen, was wirklich neu ist und erst noch eingepreist werden muss." Die Wahrscheinlichkeit einer "verrückten Stunde" an den Finanzmärkten sei damit groß.

   Die Helaba betont am Morgen in einer Studie, dass insbesondere ein negativer Einlagensatz nicht ohne Risiken sei. Sie weist daraufhin, dass der Einlagenzins, den Geschäftsbanken und Sparkassen zahlen, nur schwerlich unter null sinken könne. Ansonsten drohe, dass die Kunden in Bargeldhaltung ausweichen könnten. Für die Banken und ihre Kreditvergabemöglichkeiten wäre dies kontraproduktiv. Daher bestehe das Risiko, dass die Banken höhere Margen einstellen, was wiederum bei den Kreditzinsen den gewünschten Lockerungseffekt einer Zinssenkung konterkarierte. Insofern dürfte deutlich werden, dass die EZB mit der Zinspolitik allmählich das Ende der Fahnenstange erreicht habe.

   An der Börse wird zudem davon ausgegangen, dass Draghi auf Grund der jüngsten Inflationsdaten eine weitere ungewöhnliche Maßnahme ankündigen wird. Ob dies ein konditionierter Langfristtender, die Aussetzung der Sterilisierung der SMP-Anleihekäufe oder möglicherweise sogar ein ABS-Kaufprogramm wird, bleibt abzuwarten. Sollte Draghi allerdings die Märkte darauf vertrösten, dass die EZB mit einem weiteren Schritt zunächst abwartet, könnte es an der Börse kurzfristig abwärts gehen.

   Auch wenn die Indizes auf der Stelle treten, gibt es einige Unternehmensnachrichten, die für Bewegung sorgen. Von einem "Merger Thursday" im europäischen Telekommunikationssektor spricht ein Händler. Er verweist auf das mögliche 50 Milliarden US-Dollar schwere Zusammengehen von Sprint mit T-Mobile US sowie auf ein mögliches Gebot der französischen Orange für Bouygues Telecom. Das könne das Interesse für den europäischen Telekomsektor, der jüngst auf hohem Niveau stagniert habe, am Laufen halten. "Derart große Deals werden nicht an ein, zwei Tagen eingepreist", sagt ein anderer Händler. Die Aktie der Deutschen Telekom steigt um 0,7 Prozent, für die Bouygues-Aktie geht es ebenfalls um 0,7 Prozent nach oben. Der Sektor der europäischen Telekommunikationswerte steigt im Mittel um 0,2 Prozent an.

   Henkel legt bei seiner Akquisitionsstrategie zu. Der Konsumgüterhersteller kauft die französische Spotless Group und legt dafür 940 Millionen Euro auf den Tisch. Die Franzosen sind vorwiegend in den Bereichen Waschhilfsmittel sowie Insektenschutz und Haushaltspflege in Westeuropa aktiv. Der Kaufpreis wird als "etwas teuer" eingestuft. Spotless würde mit dem 3,3-Fachen des Umsatzes bewertet, bei Henkel liege dieser Wert mit dem 2-Fachen deutlich niedriger. An der Börse kommt die Akquisitionsstrategie gut an, die Henkel-Aktie steigt um 0,5 Prozent.

   Am deutschen Aktienmarkt stehen im SDax per Juni Veränderungen an. Der Aufstieg von Borussia Dortmund (plus 1,5 Prozent) in Index kommt laut einem Händler nicht ganz unerwartet: "Mit dem kontinuierlichen Kursanstieg seit Juni 2012 sind auch die Börsenumsätze gestiegen." Überraschender sei da schon die Aufnahme von Hornbach Baumarkt (plus 1,9 Prozent). "Die Hornbach Holding ist ja bereits im SDax vertreten", merkt der Händler an. Statt auf Hornbach Baumarkt habe man am Aktienmarkt eher auf eine Rückkehr von VTG in den Nebenwerteindex gesetzt, nachdem die Aktie im März erst aus dem SDax abgestiegen sei. Die Absteiger sind die Aktien von Air Berlin (minus 0,3 Prozent) und König & Bauer (plus 0,5 Prozent).

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   June 05, 2014 04:08 ET (08:08 GMT)

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