25.02.2022 18:30:45

Lindner dringt trotz neuer Belastungen auf fiskalische Stabilität

Von Andreas Kißler

PARIS/BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat eine stabilitätsorientierte Finanzpolitik in Europa trotz möglicher wirtschaftlicher Folgen des Ukraine-Kriegs angemahnt. "Für mich ist wichtig, dass wir auch und gerade angesichts dieses Krieges und der damit verbundenen wirtschaftlichen Auswirkungen unsere fiskalische Resilienz im Blick behalten", sagte Lindner nach Beratungen der europäischen Finanzminister in Paris. Wirtschaftliche Stabilität sei auch eine Voraussetzung für unabhängige Entscheidungen. "Wenn wir wirtschaftlich stabil sind, dann können wir auch nicht unter Druck gesetzt, können wir nicht erpresst werden", betonte er.

Eine Rückkehr zu fiskalischer Stabilität nach den pandemiebedingten Ausnahmen sei "weiter eine Priorität" und nötig, um in Energiesicherheit und die Diversifikation der Energieversorgung zu investieren sowie die Verteidigungsfähigkeit zu stärken. Ihm sei es immer schon ein Anliegen gewesen, wie auch Deutschland seinen Beitrag im Verteidigungsbündnis leisten könne. "Dieses Anliegen hat natürlich eine neue Aktualität durch die aktuelle Situation erfahren." Schon vor dem Krieg in der Ukraine sei es sein Ziel gewesen, "dass wir die mittelfristige Finanzplanung der CDU-geführten Vorgängerregierung übertreffen im Bereich des Verteidigungshaushaltes". Angesichts der aktuellen Ereignisse prüfe er, "was darüber hinaus noch getan werden muss".

Lindner bekräftigte aber sein Ziel, im Haushalt kommendes Jahr wieder die Schuldenbremse einzuhalten und in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts das Maastrichter Schuldenkriterium von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung zu erfüllen. Zurückhaltend zeigte sich der Bundesfinanzminister zu Forderungen, die europäischen Haushaltsregeln angesichts zu erwartender Belastungen durch den Ukraine-Krieg weiter auszusetzen. "Jetzt sind die Prognosen so, dass man sie als tragbar bezeichnen kann, deshalb würde ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht bereits weitgehende Konsequenzen daraus ableiten", erklärte Lindner. Allerdings könne man solche derzeit auch nicht ausschließen.

Zur umstrittenen Frage eines Ausschlusses Russlands vom Zahlungsverkehrssystem Swift bekräftigte Lindner, diese sei weiter auf dem Tisch. "Zu prüfen ist, welche Konsequenzen das dann hat." Eine solche "technische Überprüfung" sei bei EU-Kommission und Europäischer Zentralbank in Auftrag gegeben. "Wir sind offen, aber man muss wissen, was man tut", erklärte Lindner. Man müsse die Frage stellen, ob der Ausschluss eine Einstellung russischer Gaslieferungen bewirke, und welche Konsequenzen das für die Energieversorgung habe. "Die Frage nach Konsequenzen zu stellen, heißt nicht, dass man nicht bereit ist, sie zu tragen", betonte der Finanzminister aber.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

DJG/ank/cbr

(END) Dow Jones Newswires

February 25, 2022 12:30 ET (17:30 GMT)

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