Nach Praxair-Übernahme |
20.11.2019 15:34:42
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Linde im Fokus: Gefragte Industriegase und Einsparungen treiben Gewinne an
DAS IST LOS BEI LINDE:
Nach jahrelangem Bemühen schlossen sich die Münchener Linde mit Praxair zum weltgrößten Gasekonzern zusammen und überholten den französischen Konkurrenten Air Liquide, der sich mit dem Zukauf von Airgas 2016 zwischenzeitlich auf den ersten Platz vorgeschoben hatte, wieder überholen. Allerdings mussten beide Konzerne sich aufgrund von Kartellauflagen von milliardenschweren Geschäftsteilen trennen. Die neue Linde beschäftigt weltweit 80 000 Mitarbeiter, davon rund 7000 in Deutschland.
Das neue Unternehmen heißt zwar nach wie vor Linde, doch der ehemalige Praxair-Chef Steve Angel, der weiter aus Danbury im US-Bundesstaat Connecticut arbeitet, führt den Gasekonzern nach amerikanischem Stil. Die neue Linde schüttet typisch amerikanisch jedes Quartal eine Dividende an seine Aktionäre aus und bilanziert in US-Dollar. Zudem läuft seit Mai ein zweiter Aktienrückkauf. Der Konzern will in den nächsten zwei Jahren Anteilsscheine in einem Volumen von bis zu sechs Milliarden Dollar erwerben.
Unterstützung bekommt der Chef der neuen Linde vom langjährigen Linde-Vorstandschef und späteren Linde-Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle, der jetzt Verwaltungsratschef beim neuen Weltmarktführer ist. Er hatte die Fusion gegen den heftigen Widerstand der Arbeitnehmer im Linde-Aufsichtsrat durchgeboxt. Nun gibt es erneut Kritik von Seiten der Gewerkschaften. Denn das Unternehmen will nach Angaben der Arbeitnehmervertreter deutlich mehr Jobs abbauen als bisher bekannt und seine Münchner Zentrale verlassen.
Der Dax-Konzern (DAX 30) plane, 850 weitere Stellen in Deutschland zu streichen, hatten die Gewerkschaften IG Metall und IG BCE Ende August kritisiert. Zudem sollen die verbliebenen 215 Mitarbeiter in der alten Münchner Linde-Zentrale in den Vorort Pullach umziehen. Linde bestätigte den um den Jahreswechsel geplanten Umzug, zum Jobabbau äußerte sich das Unternehmen hingegen nicht.
Operativ läuft es derweil rund für den neuen Konzern. Die Fusion trägt Früchte. So legte Linde nach Zuwächsen im dritten Quartal erst Mitte November die Messlatte für den Jahresgewinn erneut höher. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn je Aktie (EPS) soll 2019 im Jahresvergleich nun um 17 bis 18 Prozent zulegen nach 6,19 Dollar im Jahr 2018. Zum Gewinnplus - nicht nur 2019 - sollen unter anderem Synergien aus der Fusion von Linde und Praxair beitragen. So sollen in den Jahren 2019 bis 2022 Kosten in Höhe rund 1,1 Milliarden US-Dollar eingespart werden.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Von den 14 bei dpa-AFX gelisteten Experten empfehlen acht die Anteilsscheine zum Kauf. Drei Analysten sprechen sich dafür aus, die Papiere zu halten. Bei genauso vielen Experten lautet der Rat, die Aktie zu verkaufen.
Das dritte Quartal des Gaseherstellers ist nach Ansicht von Analyst Knud Hinkel vom Analysehaus Pareto Securities dank des US-Geschäfts und Anlagenbaus exzellent verlaufen. Das Wachstum entspreche dem der Konkurrenz, was eine weiterhin gute Entwicklung der Branche zeige.
Analyst Laurence Alexander von dem Analysehaus Jefferies hob das erneut erhöhte Gewinnziel hervor. Die Kosteneinsparungen hätten die Effekte aus einem ungünstigen Konjunkturumfeld und negativen Währungseffekten mehr als ausgeglichen. Sollten sich die Verkaufszahlen stabilisieren, dann werde das vierte Quartal die Erwartungen übertreffen. 2020 sollten Alexander zufolge Einzelheiten zur Optimierung des Portfolios in den Fokus rücken.
Analyst Tim Jones von der Deutsche Bank zufolge läuft das Zusammenlegen der Geschäfte der beiden ehemals einzelnen Unternehmen gut. Linde habe zwar wie erwartet das Ziel für die Kostensynergien in Höhe von 900 Millionen US-Dollar nicht angehoben, dürfte sich hier allerdings über Plan entwickeln.
Das globale Konjunkturumfeld bleibt nach Absicht von Analyst Peter Spengler von der DZ Bank zwar schwierig wegen des Handelsstreits zwischen den USA und China, der Energiewende, des schwachen Autosektor und des Brexit. Spengler erwartet aber durch die geplanten Aktienrückkäufe und Kostensynergien steigende operative Margen und ein zweistelliges Gewinnwachstum bis 2021. Der Gewinn je Aktie sollte 2019 am oberen Ende der erneut angehobenen Spanne herauskommen.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Der Zusammenschluss von Praxair und Linde hat sich für die Investoren bislang gerechnet. Seit Ende Oktober 2018 wird die Aktie des fusionierten Unternehmens Linde Plc im Dax gehandelt und hat seit dem fast 30 Prozent an Wert gewonnen - damit liegt das Papier in dem Zeitraum im Dax-Spitzenfeld. Am Dienstag (19. November) hatte das Papier mit 191,30 Euro abermals ein Rekordhoch erreicht.
Das Papier der Linde Plc knüpft damit bisher nahtlos an die Gewinne der Anteile an der Linde AG an. Diese hatten sich seit dem Sommer 2016, als die beiden Unternehmen zum ersten Mal über einen Zusammenschluss gesprochen hatten, um fast 40 Prozent verteuert.
Linde plc ist in New York und in Frankfurt an der Börse gelistet. Im Dax ist der Konzern mit einem Börsenwert von rund 100 Milliarden Euro derzeit die Nummer zwei nach dem Softwarekonzern SAP (150 Mrd Euro) und vor Siemens (97 Mrd) und Allianz (91 Mrd Euro). Konkurrent Air Liquide bringt es auf 57 Milliarden Euro.
Mitte August 2016 - also vor den ersten Berichten über eine Fusion mit Praxair kam Linde gerade mal auf etwas mehr als 25 Milliarden Euro und lag damit noch in der unteren Dax-Hälfte./mne/mis/zb
DUBLIN/GUILDFORD (dpa-AFX)
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