19.05.2016 21:52:38
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Lausitzer Rundschau: Demokratie und Autokraten - Zu Regeln im Umgang miteinander im öffentlichen Leben
Cottbus (ots) - In der Debatte etwa mit Anhängern Putins oder
Erdogans fällt oft das Argument, das westliche Demokratiemodell sei
nicht das einzig denkbare. Es müssten regionale und historische
Besonderheiten berücksichtigt werden. Selbst Altkanzler Gerhard
Schröder sagt so etwas und bittet um Verständnis für Russland. Das
ist Kokolores, wie die aktuellen Ereignisse in der Türkei zeigen, wie
Polen zeigt, wie Russland jeden Tag zeigt. Alles Länder, die, anders
als offene Diktaturen wie China, für sich in Anspruch nehmen,
demokratisch zu sein. Die Demokratie braucht unantastbare
Grundregeln, wie sie der Westen entwickelt hat. Einige davon, wie die
Immunität der Abgeordneten, scheinen relativ unwichtig zu sein, doch
sind sie fast immer der erste Angriffspunkt von Autokraten, die für
sich freie Schussbahn schaffen wollen. Es ist daher gut und wichtig,
dass Bundestagspräsident Norbert Lammert sich gegen Erdogans
skandalöse Bestrebungen, die kurdischen Abgeordneten der
Strafverfolgung auszusetzen, laut zu Wort gemeldet hat. Hier wird in
Ankara tatsächlich ein Rubikon überschritten, auch für einen
möglichen EU-Beitritt der Türkei. Anderer Kernpunkt ist die Balance
der Macht zwischen vielen Ebenen, die verhindert, dass eine Ebene -
und sei es ein Präsident - alles bestimmen kann. Zentral ist auch die
Unabhängigkeit der Justiz, wozu ein unabhängiges Verfassungsgericht
gehört, das in Polen gerade beschnitten wurde. Und natürlich eine
freie Presse. Es gibt Hunderte von kleinen und großen Grundsätzen,
die sich die westlichen Demokratien in vielen Jahren erarbeitet haben
und an denen sie immer noch feilen. Das ist mühsam, das ist manchmal
auch langsam, aber alle diese Regeln garantieren, dass kein Interesse
prinzipiell untergebuttert wird, und dass ein demokratischer Wechsel
jederzeit möglich ist. Hierin liegt der eigentliche Kern der
Auseinandersetzungen mit den Autokratien unserer Zeit: Die
ursprünglich durch Wahlen an die Macht Gekommenen wollen diese Macht
nicht teilen und nie wieder abgeben, und sei es, um sich selbst vor
Strafverfolgung zum Beispiel wegen Korruption zu schützen. Sie haben
keinen Begriff von Minderheitenrechten und nutzen ihre Mehrheit zur
Unterdrückung der Unterlegenen. Was fast immer zu verschärften
inneren und äußeren Konflikten führt, bis hin zum Krieg. Von wegen
historische und regionale Besonderheiten. Die Vertreter westlich
geprägter Demokratien haben allen Anlass, den Autokraten nicht
nachzugeben und den Demokraten in anderen Ländern selbstbewusst zu
helfen, wo es geht. Lammert ist hier Vorbild. Am Ende ist die
Durchsetzung wirklicher Demokratie auch der große Hebel, um den
inneren und äußeren Frieden zu sichern.
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Pressekontakt: Lausitzer Rundschau
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