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01.03.2013 18:59:30

KONJUNKTUR IM BLICK/Deutschland koppelt sich ab, EZB hält still

   Von Hans Bentzien

   Deutschland hat das alte Jahr mit seinem überraschend deutlichen BIP-Rückgang im vierten Quartal abgehakt. In der nächsten Woche kommen die ersten Konjunkturdaten für das erste Quartal 2013, von dem alle hoffen, dass es schon wieder Wirtschaftswachstum bringen wird. Dazu würde ein Anstieg von Auftragseingängen und Produktion im Januar passen. Das Bundeswirtschaftsministeriums wird diese Daten am Donnerstag und Freitag veröffentlichen. Am Donnerstag ist außerdem Zentralbanktag: Bank of Japan, Bank of England und Europäische Zentralbank (EZB) entscheiden über den geldpolitischen Kurs. Die EZB dürfte erstmal nichts tun.

   Das Jahr 2012 ist mit einem Rückgang des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,6 Prozent zu Ende gegangen. Normalerweise würde man unter solchen Umständen nicht sofort eine Rückkehr des Wirtschaftswachstums vermuten. Aber die überzeugende Wende, die der ifo-Geschäftsklimaindex in den vergangenen Monaten hingelegt hat, lässt einen BIP-Anstieg im ersten Quartal möglich erscheinen.

   Die Auftragseingänge sind im Dezember um 0,8 Prozent gestiegen und im vierten Quartal sogar um 1,0 Prozent. Im Januar hatten die Einkaufsmanager im Rahmen der Markit-Umfrage angedeutet, dass es Anzeichen für eine wieder stärkere Nachfrage aus Asien gibt. Allerdings waren die Auftragsbestände in diesem Monat vor allem von einer immer noch rückläufigen Produktion gestützt worden. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte erwarten einen Anstieg der Auftragseingänge um 0,6 Prozent.

   Und auch für die Produktion wird ein Anstieg erwartet. Nachdem die Produktion im produzierenden Bereich, also einschließlich Energieerzeugung und Bauwirtschaft, im vierten Quartal um knapp 3 Prozent gefallen ist, wird für Januar ein Zuwachs von 0,4 Prozent erwartet.

   Sollten sich diese Auftrags- und Produktionsentwicklung bestätigen, wäre das ein Anzeichen für ein weiteres Auseinanderdriften der Eurozone. Denn nach den Konjunkturfrühindikatoren zu urteilen, bewegt sich inzwischen auch Frankreich in Richtung der Euro-Peripherieländer. Die Einkaufsmanagerindizes deuten darauf hin, dass sich die Rezession dort Anfang 2013 weiter vertiefen wird.

   Die Rezession in den Kernländern Frankreich und Italien macht es der EZB leichter, weiterhin eine sehr lockere Geldpolitik zu befolgen. Eine Deutschland gemäße Geldpolitik rückt dagegen in immer weitere Ferne. Es ist nicht auszuschließen, dass EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag erneut niedrigere Stabsprojektionen zu Wachstum und Inflation präsentieren wird. Zwar macht sich die EZB diese Prognosen nicht zu eigen, doch stellen sie ihre wichtigste Arbeitsgrundlage dar. Zinssenkungen sind vorerst aber nicht zu erwarten.

   Im Mittelpunkt des Interesses dürfte zudem Draghis Reaktion auf das Scheitern der reformfreundlichen Kräfte bei den Wahlen in seinem Heimatland Italien stehen. Das beileibe nicht arme Land, das im vergangenen Jahr am stärksten von den Staatsanleihekäufen der EZB profitiert hat, hat dem in Brüssel und Frankfurt hoch geschätzten Übergangsregierungschef Mario Monti eine krachende Niederlage bereitet. Die EZB trägt daran durchaus Mitschuld, denn schließlich hat sie den Politikern mit ihrer Zusage, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen, den Handlungsdruck genommen.

   Wie üblich dürfte Draghi in der Pressekonferenz auch Fragen zum neuen, noch nicht aktivierten Staatsanleihekaufprogramm gestellt bekommen. Spanien wird als möglicher erster Begünstigter des OMT-Programms nicht mehr so häufig genannt, seit sich das Land dank EZB zu deutlich niedrigeren Zinsen refinanzieren kann. Statt dessen sind zwei andere Länder - Irland und Portugal - in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Beide wollen ihr mit EZB, Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU-Kommission abgeschlossenes Anpassungsprogramm 2014 verlassen.

   Geld können sie sich dann nicht mehr über Troika-Hilfskredite besorgen. Statt dessen müssen sie wieder eigene Anleihen begeben. Aber werden sie sofort wieder auf eigenen Beinen stehen können? Sind die Zinsen nicht immer noch weit von dem entfernt, was man als tragfähig bezeichnen könnte? Manche Beobachter glauben, dass die Staaten in dieser Übergangsphase Hilfen des Euro-Rettungsfonds ESM beantragen werden, was eine Vorbedingung für EZB-Staatsanleihekäufe wäre.

   Die EZB hat als eine weitere Bedingung aufgestellt, dass die Staaten bereits an den Kapitalmarkt zurückgekehrt sind. Aber was bedeutet das? Dazu müssen sie, wie EZB-Direktor Jörg Asmussen klar gestellt hat, Anleihen mit einer Laufzeit von über drei Jahren begeben haben. Sein Kollege Benoit Coeure wies in dieser Woche darauf hin, dass aus EZB-Sicht aber weder Irland noch Portugal wirklich an den Kapitalmarkt zurückgekehrt seien, weil sie noch keine länger laufenden Anleihen unterschiedlicher Laufzeit begeben hätten.

   Tatsächlich haben die beiden Länder bisher nur fünfjährige Papiere begeben. DZ-Bank-Analyst Hendrik Lodde glaubt , das Irland in diesem Jahr noch mit acht- oder zehnjährigen Papieren kommen wird. Und Portugal hat bereits eine zehnjährige Anleihe angekündigt. Die Frage ist: Was passiert an der OMT-Front als nächstes? Wird die EZB weiter zurückweichen und ihre Bedingungen konkretisieren oder wird sie eine Aktivierung des OMT signalisieren? Von der Beantwortung dieser Frage hängt einiges ab - unverdientermaßen auch die Rendite italienischer Staatsanleihen.

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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   March 01, 2013 12:28 ET (17:28 GMT)

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