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Von Nippon überzeugt 16.05.2015 03:00:02

Japans Aktienmarkt: Mit Zuckerbrot und Peitsche

von Christopher Mahon, Gastautor von Euro am Sonntag

Für die Baring Global Multi Asset Group stellt Japan bereits seit einiger Zeit eine bedeutende Anlageklasse dar. Im vierten Quartal 2014 haben wir unser Engagement ausgeweitet, was sich dank des Anstiegs des Index FTSE Japan um 15,9 Prozent in Lokalwährung im ersten Quartal dieses Jahres bereits bewährt hat.

Aus welchem Grund sind wir weiterhin von Japan überzeugt? Die natürliche zyklische Erholung wird von einem schwächeren Yen unterstützt, und die positiven Effekte sind bisher noch nicht in vollem Umfang ersichtlich. Anfang des Jahres 2013 herrschte in Japan eine Wirtschaftsflaute. Das Land erholte sich von dem katastrophalen Tsunami des Jahres 2011, und der Ausblick für die Wirtschaft war schwach. Auch im Bewertungsniveau wurde diese Marktstimmung reflektiert.

Unserer Auffassung nach war klar, dass die konjunkturelle Talsohle nur von kurzer Dauer sein würde, da die Wirtschaftserholung in den USA und in Europa positiven Einfluss auf Japan haben würde. Die Wahl von Shinzo Abe zum Premierminister im Jahr 2012 hat die Wende allerdings beschleunigt und verstärkt. Seine Instrumente waren die "drei Pfeile": fiskalpolitische Anreize, geldpolitische Anreize und Strukturreformen.

Den wichtigsten dieser drei Punkte stellt mit Abstand der geldpolitische Anreiz dar. Unter dem neu ernannten Zentralbankchef Haruhiko Kuroda führte die Bank of Japan 2013 eine Politik der quantitativen und qualitativen geldpolitischen Lockerung ein, die 2014 noch ausgeweitet wurde.

"Scham-Index" als Motivation
für bessere Unternehmen

Diese Variante des "Quantitative Easing" ist drastischer als die Vorgehensweise der US-Notenbank, der Bank of England und sogar tiefgreifender als die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank. Die qualitative Komponente beinhaltet, dass die Bank of Japan nicht nur Staatsanleihen kauft, sondern auch ETFs und Immobilienfonds, was in Summe den japanischen Yen um etwa 50 Prozent gegenüber dem US-Dollar abwerten ließ.

Aufgrund des Wechselkurseffekts wirkte sich dies positiv auf die Erträge in Japan aus. Allerdings verzögert. Unternehmen brauchen Zeit, um auf eine schwächere Währung zu reagieren und ihr Geschäft neu auszurichten. Vor diesem Hintergrund sollte man von der langsamen Erholung im japanischen Exportsektor nicht enttäuscht sein, man sollte sie vielmehr als einen Indikator für die zukünftige Erholung betrachten.

Die Kombination aus zyklischer Erholung, Wechselkurseffekten und dem Frühstadium von Marktanteilsgewinnen führte dazu, dass in der jüngeren Vergangenheit die Erträge am japanischen Markt fortwährend nach oben korrigiert wurden (siehe Grafik). Diese Entwicklung dürfte sich im Zuge weiterer Exportzuwächse noch fortsetzen.

Für Japan sprechen aber auch strukturelle und Corporate-Governance-Reformen. Zwar hat das Land unlängst moderate angebotsseitige Reformen eingeführt, wie beispielsweise die Gründung spezieller Wirtschaftszonen, die auch Tokio einschließen, interessanter ist jedoch der aktuelle Bewusstseinswandel mit Blick auf die Corporate Governance.

Die bemerkenswerteste Veränderung ist die Einführung eines neuen Aktienindex - des JPX-Nikkei 400. Auf Wunsch der Regierung wurde er von der Börse in Tokio (TSE) erstellt und umfasst die 400 besten börsennotierten japanischen Unternehmen im Hinblick auf die Corporate Governance.

Kriterien für die Aufnahme in den Index sind unter anderem die Anzahl der unabhängigen Geschäftsführer, der Grad der Kapitalverflechtung sowie die Kapitalrendite. Alle diese Kennzahlen haben Einfluss auf die Erträge, weshalb die Aktionäre umgehend von einer Verbesserung in diesem Bereich profitieren können. Zugleich wird die Vorgehensweise dazu genutzt, Unternehmen bloßzustellen, die sich am unteren Ende der Corporate-Governance-Skala befinden - hierzu dient der sogenannte "Scham-Index".

Die öffentliche Bekanntgabe der besten und schlechtesten Unternehmen dürfte in Japan, wo ein Gesichtsverlust um jeden Preis zu vermeiden ist, Wirkung zeigen. Das belegt bereits die nationale Medienberichterstattung über die Einführung des JPX-Nikkei 400 sowie das große Interesse der Unternehmen, in den Index aufgenommen zu werden.

Während der "Scham-Index" sozusagen als Peitsche dient, um eine Veränderung der Unternehmenslandschaft voranzutreiben, wartet die japanische Regierung auch mit einem Zuckerbrot auf, indem sie den Index zum Ziel von umfangreichen staatlichen Käufen gewählt hat. Japan verfügt über einige der weltweit größten Pensionsfonds, angeführt vom staatlichen Government Pension Investment Fund (GPIF), der allein über ein Vermögen von mehr als einer Billion US-Dollar verfügt. Angeregt von Premier Abe sowie den niedrigen Renditen, die japanische Staatsanleihen aktuell bieten, planen die Fonds, ihre Investments stärker von Anleihen zu Aktien zu verlagern und sich dabei zunehmend auf inländische Aktien zu konzentrieren.

Japanische Aktien werden mit
großem Abschlag gehandelt
Während der GPIF seine Aktiengewichtung bereits erhöht hat, werden andere nationale Pensionsfonds noch nachziehen. Die Käufe finden zusätzlich zu den Käufen der Bank of Japan im Rahmen ihres quantitativen Lockerungsprogramms statt. Sowohl der GPIF als auch die Bank of Japan werden einen Teil ihrer Käufe auf den JPX-Nikkei 400 konzentrieren. Diese Investments sind für sich genommen bereits ein gewichtiger Grund, weshalb sich japanische Aktien zukünftig positiv entwickeln sollten.

Hinzu kommen die niedrigen Bewertungen japanischer Aktien. Unsere bevorzugte Maßeinheit für den Vergleich japanischer Erträge mit denen der restlichen Welt ist das Kurs-Cashflow-Verhältnis (KCV), weil bei Unternehmen, die ihren Gewinn nach unterschiedlichen Rechnungslegungsvorschriften ermitteln, das KCV eine bessere Vergleichbarkeit liefert. Nach dieser Kennzahl wird Japan mit einem Abschlag von 29 Prozent zu den USA gehandelt, was sowohl relativ als auch historisch betrachtet eine massive Diskrepanz darstellt. Im Jahr 2009 befanden sich die Länder noch auf gleichem Niveau.

Fazit: Wir sind der Auffassung, dass die Investoren gerade erst beginnen, den Wandel der japanischen Unternehmenslandschaft und deren Aufholpotenzial wahrzunehmen.

zur Person:

Christopher Mahon, Director of Asset
Allocation Research bei Baring Asset Management

Mahon verantwortet den Baring-Multi-Asset-Fonds und ist als Co-Manager für den milliardenschweren Baring Dynamic Asset Allocation Fund mitverantwortlich. Als Mitglied der Strategic Policy Group ist er bei Barings maßgeblich an der globalen Asset Allokation für die verschiedenen Multi-Asset-Mandate verantwortlich, die dort insgesamt ein Volumen von knapp sieben Milliarden Euro ausmachen. ­Bevor Mahon 2012 zu ­Barings kam, war er für Momentum Global Investment Management und Oliver Wyman tätig. Er absolvierte sein Studium an der Cambridge University und hält einen CFA.
Die Baring Asset Management ist ein globaler Asset Manager mit über 250-jähriger Geschichte und verwaltet derzeit ein Vermögen von mehr als 37,7 Milliarden Euro.

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