29.01.2013 18:41:00
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Immofinanz-Prozess - "Leintuch-Gesellschaften" im "Patronat"
Die Constantia Privatbank (CPB) hatte zahlreiche 19-Prozent-Beteiligungen an Gesellschaften, die wegen der geringen Beteiligung nicht in die Bank konsolidiert wurden. Der Angeklagte CPB-Chef Karl Petrikovics argumentierte in seiner Verteidigung gegenüber dem Untreue-Vorwurf, dass das Ganze als Konzern gesehen und gehandhabt wurde. Es habe Patronatserklärungen der Bank gegenüber diesen 19-Prozent-Töchtern gegeben, wenn diesen ein Schaden entstanden wäre hätte das die Bank aufgefangen.
Ganz anders schilderte der Wirtschaftsprüfer Andreas Grave die Situation. Er war verantwortlicher Abschlussprüfer für die Jahre 2004 und 2005. "Aus Sicht der Bank war es kein Konzern", sagte er im Zeugenstand. Die 19-Prozent-Gesellschaften seien aus Sicht der Wirtschaftsprüfer nie Tochtergesellschaften der Bank gewesen, weil die Bank nur einen Minderheitsanteil gehabt habe. Zwei andere Aktionäre hielten jeweils 40,5 Prozent. Ob es oberhalb eine wirtschaftliche Einheit gegeben habe, wisse er nicht, aber "wir haben es aus Sicht der Bank nie als wirtschaftliche Einheit gesehen".
Dies bestätigte auch Wirtschaftsprüfer Nikolaus Müller, ebenfalls Prüfer der CPB und Vorgänger von Grave. Es habe zwar traditionellerweise eine Gesamtdarstellung der Bank-Gruppe gegeben, in der auch die Leintuchgesellschaften enthalten waren, aber aus Sicht der Bank habe dies bilanztechnisch eigentlich keine Folge gehabt. "Am Ende des Tages war die Familie Turnauer Eigentümer, soweit ich das verstanden habe", meinte Müller. Aus bilanzrechtlicher Sicht der CPB sei das aber keine Einheit gewesen.
Mit den Verteidigern der Angeklagten entspannen sich längere Debatten um die "Patronatserklärung", mit der die CPB den Töchtern den Fortbestand zugesichert haben soll - oder auch nicht. Die Fragestellungen der Anwälte waren so komplex und hypothetisch, dass sie sogar von den Wirtschaftsprüfern teils nicht auf Anhieb verstanden wurden.
Staatskommissär in der CPB war bis 2010 Gerhard Steger. In seiner Zeugenbefragung schilderte er, dass er als "Aufpasser des Staates" sein Wissen ausschließlich aus den Aufsichtsratssitzungen der Constantia-Bank bezog. Von eventuellen Vorbesprechungen zum Aufsichtsrat wisse er nichts, jedenfalls sei er nie dabei gewesen. "Wir haben immer brav im Sitzungssaal gewartet, bis die Herrschaften erschienen sind". An besondere Vorkommnisse konnte er sich nicht erinnern. Thematisiert wurden in der CPB manchmal Großveranlagungen, für die es gesetzliche Grenzen gibt. Aber auch hier seien die Geschäfte in der Regel genehmigt worden.
Rudolf Goby, stellvertretender Staatskommissär in der CPB, konnte sich nicht daran erinnern, dass die Großveranlagungsgrenzen jemals ein Thema bei den AR-Sitzungen der Bank gewesen waren, auch nicht im Zusammenhang mit Immofinanz- oder Immoeast-Aktienkäufen. Organgeschäfte seien zwar grundsätzlich thematisiert worden, aber nicht solche mit den Angeklagten. Der komplexe Aufbau der Banken-Gruppe sei im Aufsichtsrat nie diskutiert worden.
Goby kann sich auch nicht daran erinnern, dass der Shortbestand an Aktien der Bank oder die Auslagerung von Aktien in Töchter im Aufsichtsrat diskutiert worden wäre. Er gehe davon aus, dass Incentives an den Vorstand und Aufsichtsrat genehmigungspflichtig gewesen wären. Es habe in der CPB keine mündlichen Beschlüsse gegeben. Zu Themen der Bilanzierung, Verlustausgleich oder Patronatserklärung habe er ebenfalls keine Wahrnehmungen gehabt. Er sei nur für die CPB zuständig gewesen.
Nach einer über achtstündigen Zeugenbefragung geht es morgen, Mittwoch, mit neuen Zeugen weiter. Am Nachmittag werden etwa Ex-CA-Chef Guido Schmidt-Chiari und Ex-Wienerberger-Chef Erhard Schaschl befragt.
(Schluss) gru/ggr/phs
ISIN AT0000809058 WEB http://www.immofinanz.com
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