18.01.2022 11:20:40

Habeck fordert Deeskalation statt Automatismus im Ukraine-Konflikt

Von Andrea Thomas

HAMBURG/BERLIN (Dow Jones)--Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) hat in der Ukraine-Krise vor einem Spiel mit dem Feuer gewarnt. Bei einem Besuch in Hamburg sagte Habeck, die Situation sei sehr besorgniserregend. Man dürfe nicht in einen Automatismus geraten, der die Situation befeuere. Vielmehr müsse es nun um Deeskalation gehen.

"Das, was wir im Moment erleben, kann nicht das letzte Wort sein. Und wir dürfen auch nicht auf eine schiefe Bahn des Immer-weiter-so-Automatismus geraten. Es sind wirklich erschreckende Nachrichten, die wir dort bekommen. Selbst im Kalten Krieg war die Gefährlichkeit der Situation nicht so hoch, wie sie jetzt ist", sagte Habeck.

An der östlichen Grenze der Ukraine zur Russland sei die Situation bereits hoch gereizt und es gebe dort bereits einen eingefrorenen Konflikt. "Da reicht schon ein Unfall oder eine Unachtsamkeit, dass daraus ein heißer Konflikt wird", warnte Habeck. "Europa, die USA müssen sich potentielle Sanktionen immer vorbehalten, aber die Bemühungen müssen darauf gerichtet sein, diese Situation wieder zu deeskalieren."

Zu einem möglichen Stopp der Gaspipeline Nord Stream 2 für den Fall einer russischen Invasion der Ukraine äußerte sich Habeck zurückhaltend. Man müsse bei der Leitung, die Gas aus Russland direkt nach Deutschland liefern soll, drei Aspekte beachten.

Erstens würde die ausstehende Genehmigung von Nord Stream 2 fachlich entlang der europäischen Regeln zum sogenannten "Unbundling" von Netz und Betrieb erfolgen. Die Voraussetzungen für eine Genehmigung seien im Moment nicht geschaffen, weswegen der Prozess ruhe.

Zweitens gehe es um die Versorgung von Europa und Deutschland mit Gas. Aktuell würden 55 des europäischen Gasbedarfs durch russische Gaslieferungen über existierende Gasleitungen abgedeckt. "Insofern sind wir da eigentlich in einer Partnerschaft aufeinander angewiesen. Wir brauchen Gas, die Russen brauchen die Devisen, damit ihr Staat funktioniert", sagte Habeck.

Drittens gehe es in dem aktuellen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine darum, die Lage zu deeskalieren. "Bei all den potentiellen Sanktionen, über die man reden kann", dürfe man nicht aus den Augen verlieren, dass alle diplomatischen und wirtschaftspolitischen Bemühungen darauf gerichtet sein müssen, wieder partnerschaftlich miteinander umzugehen, sagte Habeck.

Auf die Frage nach einer möglichen Lieferung von Defensivwaffen an die Ukraine sagte Habeck, dass dies eine Frage für das transatlantische Verteidigungsbündnis Nato sei.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/apo

(END) Dow Jones Newswires

January 18, 2022 05:20 ET (10:20 GMT)

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