Flächenbrand blieb aus |
04.01.2015 06:20:00
|
Griechenland: Radikaler Kurswechsel
Griechenland steckt in einer politischen Krise, die erneut Pleiteängste schürt. Neuwahlen am 25. Januar könnten die populistische Linkspartei Syriza an die Macht bringen, die Griechenlands Schulden nicht zurückzahlen und Reformen zurücknehmen will. Deshalb haben der Internationale Währungsfonds (IWF) und die EU ihre Hilfszahlungen an Griechenland vorerst eingestellt. Auch an den Finanzmärkten gab es heftige Reaktionen: Die Börse in Athen brach zwischenzeitlich um mehr als zehn Prozent ein, die Renditen zehnjähriger griechischer Staatsanleihen stiegen auf weit über neun Prozent.
Syriza will neuen Schuldenschnitt
Umfragen sehen Syriza seit Längerem als stärkste politische Kraft in Griechenland, weshalb Syriza-Chef Alexis Tsipras auf die Neuwahlen hingearbeitet hat, die nun am 25. Januar stattfinden. Auslöser war die geplatzte Ernennung eines Staatspräsidenten, der von den Abgeordneten des Parlaments gewählt wird. Syriza hatte den Urnengang zum Votum über den Sparkurs stilisiert, die Opposition verweigerte dem Kandidaten von Regierungschef Antonis Samaras in allen drei Wahlgängen die Zustimmung. Deshalb werden jetzt auch Parlament und Regierung neu gewählt, Griechenland befindet sich wieder mitten im Wahlkampf.
Syriza-Chef Tsipras bestreitet diesen mit klaren Forderungen, die bei den sparmüden Griechen bisher gut ankommen. So versprach er, der Sparkurs sei bald "Vergangenheit". Außerdem fordert die Partei, die griechischen Schulden neu zu verhandeln - was die Troika aus EU, IWF und EZB, die Athen bereits mit 240 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen hat, vehement ablehnt. Noch-Regierungschef Antonis Samaras wirbt hingegen für eine Fortführung des Sparkurses. Komme Syriza an die Macht, führe das zu einem Ereignis, das "man als Kreditausfall bezeichnet". Griechenland drohe der "Ausstieg aus der Eurozone".
Selbst mancher griechische Bürger scheint das zu befürchten, einige Sparer hoben in den vergangenen Tagen größere Geldmengen bei ihren Banken ab. Welches der Schreckenszenarien wie Staatspleite und Euroaustritt Griechenlands allerdings tatsächlich eintritt, ist schwer abzuschätzen. Zum einen müsste die Syriza zunächst ihren Vorsprung in den Umfragen halten, um überhaupt an die Macht zu kommen. Mit 28,1 Prozent lag sie zuletzt nur noch drei Prozentpunkte vor der konservativen ND von Samaras. Als stärkste Kraft bekäme sie im 300 Abgeordneten großen Parlament zwar 50 zusätzliche Mandate, bräuchte aber Koalitionspartner, um zu regieren. Zum anderen schwebt über allen Syriza-Forderungen die Machbarkeitsfrage.
Bisher verspricht Syriza unter anderem, entlassene Beamte wieder einzustellen, Steuern zu senken, das Gesundheitssystem kostenlos zu machen und überschuldeten Haushalten Kredite zu erlassen. "Die Vorhaben summieren sich auf etwa 30 Milliarden Euro - Geld, das einfach nicht da ist", kalkuliert Stefan Mitropoulos von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Auch bei der Ankündigung, Schulden nicht zu bezahlen, stecke Syriza in einem Dilemma: "Weil die Hilfen auslaufen und eine Finanzierung über den Kapitalmarkt derzeit zu teuer ist, sind die Griechen spätestens ab März auf weiteres Geld angewiesen."
Bisher droht kein Flächenbrand
Das könnte Tsipras von seinem harten Kurs in der Schuldenfrage abrücken lassen, glaubt Mitropoulos von der Helaba. Die Geldgeber Griechenlands wollen zumindest nur über dringend benötigte weitere Milliarden verhandeln, wenn eine neue Regierung steht und den bisherigen Kurs beibehält. Was ihnen in die Hände spielt: Obwohl Griechenlands Zukunft wieder ungewiss ist, gibt es bisher anders als zum Höhepunkt der Schuldenkrise in Europa keinen Flächenbrand. Italien musste vergangene Woche für zehnjährige Anleihen sogar erstmals weniger als zwei Prozent Rendite bieten. Europa könnte einen Euroaustritt der Griechen nun verkraften, glauben deshalb immer mehr Ökonomen.
![](https://images.finanzen.at/images/unsortiert/wertpapierdepot-absichern-aktienchart-boerse-750493204-260.jpg)
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!
Weitere Links: