24.09.2019 15:32:00
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Grasser-Prozess - Abgelehnter Ablehnungsantrag und zwei Linzer Zeugen
Grassers Verteidiger Norbert Wess begründete seinen Ablehnungsantrag gegen Richterin Marion Hohenecker damit, dass diese wegen der Disziplinarstrafe für ihren Ehemann wegen Grasser-kritischen Äußerungen auf Twitter befangen sei. Denn im "Hause Hohenecker" herrsche offenbar eine tiefe Abneigung gegen Grasser, bezog er sich darauf, dass auch Hoheneckers Stiefsohn einen der inkriminierten Tweets abgesetzt habe.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte Hoheneckers Ehemann, der ebenfalls Strafrichter ist, als Disziplinarbehörde zweiter Instanz zu einer Geldstrafe in Höhe eines Monatsbezugs verurteilt, weil er mit vier Tweets über Grasser - drei im Jahr 2015, einen im Jahr 2017 - eine abfällige Meinungsäußerung zu einem laufenden Verfahren abgegeben habe. Auch sei die Bezeichnung Grassers als "Schnösel" eine abfällige Äußerung. Der Richter hatte auf einen Tweet, in dem Grasser und ÖVP-Chef Sebastian Kurz als "Schnösel" bezeichnet wurden, zustimmend geantwortet. Der Verteidiger des Richters kündigte gestern gegenüber der APA an, sein Mandant werde sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wenden, weil er sein Recht auf freie Meinungsäußerung geltend machen wolle.
Staatsanwalt Alexander Marchart kritisierte Verteidiger Wess, da dieser behauptet habe, er wolle die Privatsphäre des Zeugen Heinrich Traumüller schützen, und nun wolle er in der Öffentlichkeit sogar Hoheneckers Stiefsohn in die Causa hineinziehen. Das Ganze sei "Effekthascherei", monierte der Ankläger.
Nach einer Beratung lehnte der Schöffensenat unter Vorsitz von Marion Hohenecker den Ablehnungsantrag ab. Der Antrag wurde teils zurück- und teils abgewiesen. Bereits am ersten Verhandlungstag hatte Grassers Verteidigung einen Befangenheitsantrag gegen die Richterin wegen der Tweets ihres Ehemanns gestellt und war damals, am 12. Dezember 2017, ebenfalls abgeblitzt. Es gebe dazu nichts Neues, denn eine rechtliche Wertung einer historischen Tatsache sei keine neue Tatsache, erläuterte die Richterin. Außerdem handle es sich um Äußerungen von dritter Seite.
Statt der ursprünglich vorgesehenen drei Zeugen konnten heute nur zwei befragt werden, weil der von Grassers Verteidiger ausführlich vorgetragene Ablehnungsantrag den Zeitplan verzögerte. In der Causa Terminal Tower wirft die Anklage Grasser vor, er habe erst gegen die Zusage einer Schmiergeldzahlung von 200.000 Euro der Einmietung der Finanzbehörden in den Terminal Tower, ein Büroturm beim Linzer Hauptbahnhof, zugestimmt. Grasser hatte im Dezember 2005 kurz vor Weihnachten zunächst das entscheidungsreife Projekt Terminal Tower abgelehnt, drei Monate später wurde dann von BMF-Seite der Mietvertrag unterschrieben. Während Grasser sagt, er habe auf die Wünsche der Mitarbeiter gehört und auf Verbesserungen gedrungen, die dann auch passiert seien, woraufhin sich das Stimmungsbild geändert habe und er dem Vertrag zustimmen konnte, sieht die Anklage die Zusage der Errichter für die 200.000 Euro-Zahlung als entscheidend für Grassers Zustimmung an.
Der Zeuge M. war damals Personalvertreter bei der Finanz in Linz. Warum letztlich der Terminal Tower verwirklicht wurde und nicht andere Projekte, etwa der von der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) vorgeschlagene Standort Sonnensteinstraße in Linz-Urfahr, das wisse er nicht. Die Vorstände der betroffenen Finanzbehörden und auch er hätten die Sonnensteinstraße gegenüber dem Terminal Tower bevorzugt, führte er aus. Da hätten teilweise persönliche Interessen mitgespielt, weil der Standort Sonnensteinstraße eine günstigere Anfahrsituation für die meisten Vorstände bedeutet hätte. "Die höchste Akzeptanz hatte der Standort Sonnensteinstraße", sagte der Zeuge. Allerdings habe ihm damals jemand gesagt, dass dieses Projekt nicht in absehbarer Zeit zu realisieren wäre. Seiner Meinung nach gab es nie eine schriftliche Zustimmung der Personalvertreter zum Standort Terminal Tower. "Ich kann mich nicht erinnern, dass ich irgendwann einmal zugestimmt hätte", so der Zeuge M.
Auch der zweite Zeuge des heutigen Tages, der damals führender Finanzbeamter in Oberösterreich war, sagte aus, dass die Mitarbeiter den Standort Sonnensteinstraße bevorzugt hätten. Diese Stimmung sei bis zuletzt, bis zur Übersiedlung in den neuen Standort Terminal Tower, so gewesen. Mitentscheidend dafür sei die Parkplatzsituation gewesen, weil beim Standort Sonnensteinstraße ein großer Gratis-Parkplatz in der Nähe lag. Im Terminal Tower wurden die Parkplätze für die Mitarbeiter zwar finanziell gestützt, sie mussten aber trotzdem eine Parkplatzgebühr zahlen. "Es gab große Widerstände der Linzer Mitarbeiter, bis zuletzt", sagte der Zeuge W. Damit widersprach er Grasser, der angegeben hatte, dass der Widerstand sich gelegt habe, als mehr Parkplätze zugesichert worden seien. "Die Mitarbeiter wollten den Standort Sonnensteinstraße", versicherte der Zeuge. Der Widerstand der Mitarbeiter habe sich in negativen Wortmeldungen, auch seitens der Personalvertreter, geäußert. Von den Vertretern des Finanzministeriums sei jedoch immer der Terminal Tower präferiert worden. Ob auch Grasser diese Präferenz hatte wisse er nicht, weil er keinen Kontakt zum Minister gehabt habe, so der Zeuge.
Der Prozess wird morgen mit weiteren Zeugeneinvernahmen zur Linzer Causa fortgesetzt.
(Schluss) gru/tsk
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