23.06.2009 16:30:00
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Gericht spricht Lehman-Geschädigtem Schadenersatz zu
Vor allem auf zwei Versäumnisse der Bank ging Tonner in seiner Begründung ein. Die Haspa habe Krupsky damals verschwiegen, dass die Zertifikate nicht der deutschen Einlagensicherung unterlagen, sagte der Richter. Zwar habe auch die Bank zum damaligen Zeitpunkt nicht ahnen können, dass Lehman knapp zwei Jahre später im September 2008 spektakulär in die Pleite rutschen und damit alle Anleihen faktisch wertlos werden würden. Auf das Risiko fehlender Einlagensicherung aber hätte sie hinweisen müssen. Darüber hinaus habe die Haspa nicht hinreichend deutlich gemacht, dass sie selbst ein "wirtschaftliches Eigeninteresse" an dem Geschäft gehabt habe, betonte der Jurist.
HOFFNUNG FÜR ANDERE GESCHÄDIGTE ANLEGER
Erleichtert reagierten der Kläger und sein Anwalt Ulrich Husack nach dem Urteil. Er habe nicht unbedingt mit einem Sieg vor Gericht gerechnet, bekannte Krupsky. "Ich bin glücklich und gleichzeitig ein bisschen überrascht", sagte der zurückhaltende frühere Lehrer mit den kurzen grauen Haaren in die zahlreichen Kameras und Mikrofone, die ihn vor dem Saal erwarteten. Er hoffe, dass andere geschädigte Anleger nun "Mut schöpfen", betonte Husack. Zugleich wies er darauf hin, dass das Urteil kein Präzedenzfall sei. Andere Banken hätten Anleihen nach anderen "Systemen" verkauft. Auch Gerichtssprecherin Sabine Westphalen äußerte sich zurückhaltend über die Signalwirkung. "Maßgebend ist in jedem Prozess die jeweilige Fallkonstellation."
Die unterlegene Haspa kritisierte das Urteil scharf und kündigte umgehend an, Berufung einzulegen. Man beobachte bei der rechtlichen Aufarbeitung der Folgen der Lehman-Pleite die Tendenz, dass Richter das Anlagerisiko rückwirkend "vollständig" auf die Kreditinstitute verlagerten, ließ Haspa -Privatkundenvorstand Reinhard Klein in einer Pressemitteilung erklären. Gegen eine nachgelagerte Zurechnung von Beratungspflichten werde man sich wehren. "Wir sind optimistisch, dass die Situation in der nächsten Instanz neu bewertet wird."
ZAHLREICHE KLAGEN ANHÄNGIG
Nach Haspa-Angaben sind etwa 3.700 ihrer Kunden von der Lehman- Insolvenz betroffen. Rund 1.000 hat die Bank auf freiwilliger Basis entschädigt. Auch andere Institute wie die Frankfurter Sparkasse (Fraspa) und die Citi-Bank haben freiwillige Ausgleichszahlungen an Kunden angekündigt. Die Zahl der Lehman-Geschädigten in Deutschland schätzen Experten auf 30.000 bis 50.000 Euro. In vielen Städten sind derzeit zahlreiche Klagen geschädigter Anleger anhängig. Allein vor dem Hamburger Landgericht sind es laut Westphalen mindestens 25.
In der Urteilsbegründung monierte der Richter am Dienstag unter anderem, dass die Haspa Krupsky über eine Gewinnmarge im Unklaren ließ, die sie selbst bei dem Geschäft kassierte. Zudem habe die Bank verschwiegen, dass die Lehman-Anleihen aus einem Paket stammten, das sie selbst bei Lehman bestellt hatte und nur mit Abschlägen hätte zurückgeben können. "Diese Interessenlage begründet in besonderer Weise eine Aufklärungspflicht", betonte der Jurist. Dabei berief er sich auch auf die "Kickback"-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Dieser habe erst am 12. Mai in einem Urteil bekräftigt, dass Banken "verdeckte" Provisionen darlegen müssen. Dieser Grundsatz sei auch auf den vorliegenden Lehman-Fall übertragbar, sagte Tonner.
Schon während des Verfahrens, das im März begonnen hatte und das die erste gerichtliche Auseinandersetzung um Lehman-Zertifikate in Hamburg war, hatte der Richter mehrmals durchblicken lassen, dass er eine Beratungspflichtverletzung der Haspa annehme. Zugleich hatte er aber bezweifelt, dass Krupsky nachweisen könne, dass er auf den Kauf der Anleihen im Fall vollständiger Informationen tatsächlich verzichtet hätte. Dieser Punkt ist rechtlich mitentscheidend. Unter Verweis auf das BGH-Urteil vom Mai entschied er nun indes, dass für den Kläger zunächst die "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" spreche und dass diese von der Sparkasse aktiv hätte widerlegt werden müssen./bro/DP/sb
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