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08.07.2017 12:19:40

G20/GESAMT-ROUNDUP: Handelskompromiss steht - Scholz wegen Krawallen unter Druck

HAMBURG (dpa-AFX) - Die führenden Wirtschaftsmächte haben auf dem G20-Gipfel in Hamburg eine weitere Eskalation im Handelsstreit abgewendet. In der fast fertigen Abschlusserklärung sprechen sie sich zwar gegen Protektionismus aus. Allerdings wird "die Rolle legitimer Verteidigungsinstrumente im Handel" anerkannt - ein Zugeständnis an den auf Abschottung bedachten US-Präsidenten Donald Trump. Der erste G20-Gipfel in Deutschland wurde von Gewalt, Plünderungen und Chaos auf Hamburgs Straßen überschattet.

Die Ausschreitungen wurden aus allen politischen Lagern verurteilt. Allerdings geriet auch Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) unter Druck. Die oppositionelle CDU warf ihm und seiner rot-grünen Regierung vor, die Lage unterschätzt und alle Warnungen "weggelächelt" zu haben.

Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer rechnet auch bei einer Großdemonstration am Samstag mit gewaltsamen Protesten. "Wir haben deutliche Hinweise, dass sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit diese Gewalttäter auch unter die heutige Demonstration "G20 - not welcome!" mischen werden", erklärte er. Zu der Demonstration werden 50 000 bis 100 000 Teilnehmer erwartet.

Mit der Kompromissformel zum Handel konnte ein Eklat beim G20-Gipfel verhindert werden. Bis zuletzt war fraglich gewesen, ob Trump sich wegen seines "America-First"-Kurses gegen Protektionismus aussprechen würde. Allerdings interpretiert Trump diesen Begriff anders als beispielsweise die Europäer. Auf die tatsächliche Politik Trumps wird der Satz deswegen wohl keine Auswirkungen haben. G20-Beschlüsse sind ohnehin nicht bindend.

Das endgültige Kommuniqué soll am Samstagnachmittag verabschiedet werden. Beim Klimaschutz war am Vormittag nach Angaben von Diplomaten eine Einigung weiter offen. Strittig war noch eine Passage, die die USA aufnehmen wollen. Es geht dabei um amerikanische Unterstützung für andere Länder bei der sauberen Nutzung fossiler Energien wie Flüssiggas. Das Geschäft wollen die Amerikaner zum eigenen Nutzen ankurbeln.

Klimaschützer laufen hier Sturm, weil fossile Energien eigentlich auslaufen müssen, wenn die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden sollen. Sie dürften sich allerdings freuen, dass sich nach dem geplanten Ausstieg der USA aus dem Klimaabkommen alle anderen G20-Staaten weiter zu den Vereinbarungen klar bekennen.

Der europäische Vorschlag für UN-Sanktionen gegen Menschenschmuggler scheiterte am Widerstand Russlands und Chinas. Die beiden Staaten akzeptierten lediglich, dass in die Abschlusserklärung ein allgemeiner Hinweis auf die Notwendigkeit des Kampfes gegen Schleuserbanden aufgenommen wird.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) konnte am Rande des Gipfels ein Projekt voranbringen, das ihr sehr wichtig ist: Der erst vor kurzem gestartete Weltbank-Fonds zur Stärkung von Unternehmerinnen in Entwicklungsländern erhielt weitere Geldzusagen. Bisher sei ein Betrag von 325 Millionen Dollar eingesammelt worden, wie Weltbank-Präsident Jim Yong Kim sagte. Das sind umgerechnet 285 Millionen Euro.

Auch in der zweiten Gipfelnacht hielten die Gewaltexzesse an. Randalierer hinterließen im Szeneviertel Schanze eine Spur der Verwüstung. Die Proteste waren am späten Freitagabend eskaliert. Zunächst konnten Randalierer mehrere Stunden lang in der Straße Schulterblatt frei gewähren. Ein Laden der Drogerie-Kette Budnikowsky und ein Rewe-Supermarkt wurden geplündert.

Danach ging die Polizei mit einem massiven Aufgebot und Spezialkräften gegen mehrere hundert Randalierer vor. Mit gepanzerten Fahrzeugen wurden brennende Barrikaden weggeschoben. Wasserwerfer waren im Einsatz. Die Polizei sprühte auch Tränengas. Im Laufe der Nacht beruhigte sich die Lage. Vereinzelt kam es in den frühen Morgenstunden noch zu Flaschenwürfen auf Polizeifahrzeuge.

Nach Angaben der Hamburger Polizei wurden bisher 213 Beamte verletzt (Stand: 9.00 Uhr). In der Nacht zu Samstag seien 14 Menschen festgenommen und 63 in Gewahrsam genommen worden, hieß es. Seit Beginn des Polizeieinsatzes am 22. Juni wurden den Polizeiangaben zufolge bisher insgesamt 114 Menschen fest- und 89 in Gewahrsam genommen. Zur Zahl der verletzten Demonstranten konnten weder Polizei noch Feuerwehr Angaben machen.

Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz zeigte sich besorgt über die Ausschreitungen. "Ich appelliere an die Gewalttäter, mit ihrem Tun aufzuhören und sich zurückzuziehen und die Gewalttaten nicht mehr zu verüben, sondern ein friedliches Miteinander in dieser Stadt weiterhin möglich zu machen", sagte der SPD-Politiker in einer Fernseherklärung am Freitagabend. "Ich bin sehr besorgt über die Zerstörungen, die stattgefunden haben. Ich bin bedrückt über das, was viele zu ertragen haben."/mfi/sl/aha/lw/DP/zb

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