11.04.2008 08:15:00

Finanzkrise beutelt Landesbanken - Erwartete Fusionen in weiter Ferne

        FRANKFURT (dpa-AFX) - "Landesbankenchaos", "Milliardengrab Landesbanken" - die Schlagzeilen sind unrühmlich. Die Krise an den internationalen Finanzmärkten hat viele der elf deutschen Landesbanken kräftig gebeutelt und die gesamte Branche in Verruf gebracht. Der Druck wächst, zu weiteren Fusionen zu kommen - doch in diesem Jahr rechnet kaum noch jemand mit mutigen Schritten: Die Institute selbst sind mit Krisenbewältigung beschäftigt, fast täglich nähren neue Schreckensmeldungen über Verluste die Angst. Und es könnten weitere kommen: In den nächsten Wochen legen noch vier der sieben verbliebenen eigenständigen Landesbanken ihre Bilanz für 2007 und voraussichtlich auch Zahlen für das 1. Quartal 2008 vor, darunter die größte im Bunde, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW).

 

    Auf insgesamt mehr als elf Milliarden Euro summierten sich die Belastungen der öffentlich-rechtlichen Institute nach den bisher veröffentlichten Zahlen. Zum Vergleich: Bei der Deutschen Bank summierten sich die Abschreibungen auf fast fünf Milliarden Euro - auch für Deutschlands größte Bank keine "Peanuts", doch sie spielt in einer anderen Liga und kann das eher verkraften.

 

    Unter den Landesbanken vor allem betroffen sind BayernLB, WestLB und Sachsen LB. Zwar ist das Geld nicht weg, viele Papiere haben erstmal nur in den Büchern weniger Wert. "Dennoch büßen die Banken erheblich Eigenkapital ein, das beschneidet ihre künftigen Geschäftsmöglichkeiten", sagt der Bankenprofessor Hans-Peter Burghof. Weniger betroffen waren bislang die Nord/LB (Hannover), der Experten etwa ihre stabiles Geschäft bei Schiffsfinanzierungen zugutehalten, und die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), die dank ihrer Tochter Frankfurter Sparkasse über ein robustes Privatkundengeschäft verfügt.

 

    Da bei den Landesbanken in einigen Fällen die Länder als Eigentümer bei Ausfällen in die Bresche springen, könnte letztlich der Steuerzahler die Zeche für verlustreiche Geschäfte zahlen. Der Bund der Steuerzahler schätzt, dass die Bürger bislang mit etwa 20 Milliarden Euro für Risiken aus riskanten Spekulationsgeschäften von Landesbanken bürgen. So haften etwa in Nordrhein-Westfalen die WestLB-Eigentümer mit rund 5 Milliarden Euro, in Bayern sollen die Eigentümer der BayernLB Garantien von bis zu 4,8 Milliarden Euro übernehmen. Sachsen bürgt für mögliche Ausfälle bei der Sachsen LB mit 2,75 Milliarden Euro. Der Präsident des Steuerzahlerbundes, Karl Heinz Däke, forderte wiederholt, Banken in staatlichem Besitz dürften "grundsätzlich keine risikoreichen Geschäfte machen".

 

    Doch genau das ist die Krux: Nach einhelliger Meinung ringen in Deutschland ohnehin zu viele Banken - laut Bundesbank waren es Ende vergangenen Jahres 2277 - um relativ wenige Kunden. "Die Landesbanken sind in ihrem Geschäft zusätzlich beschnitten durch das Regionalprinzip und dadurch, dass sie das Geschäft mit Privatkunden den Sparkassen überlassen", sagt der Leiter des deutschen Bankenteams der Ratingagentur Moody's, Johannes Wassenberg. Seit dem Wegfall der staatlichen Garantien (Anstaltslast und Gewährträgerhaftung) 2005 suchten die Landesbanken zudem nach renditestarken Geschäftsfeldern.

 

    "Möglicherweise ist Deutschland doch "overbanked" und der Ausflug vieler Banken in komplexe, teilweise nur schwer zu durchschauende Kapitalmarkttransaktionen war letztlich so etwas wie die Flucht vor dem intensiven Wettbewerb im klassischen Kundengeschäft", sagt der Chef der genossenschaftlichen WGZ Bank, Werner Böhnke. Der Chef der Düsseldorfer Privatbank HSBC Trinkaus, Andreas Schmitz, kritisiert, dass viele Banken unverständliche Produkte mit "geliehenem Geld in eine die eigene Kapitalbasis völlig ignorierende Dimension aufpumpten". Das "manager magazin" urteilt: "Ehemals mächtige Landesbanken wie die BayernLB und die WestLB mutierten mangels Kundschaft ebenso zu Kasinokapitalisten wie die angebliche "Mittelstandsbank" IKB."

 

    Dass generell Handlungsbedarf im öffentlich-rechtlichen Sektor besteht, ist auch in den Banken unumstritten. Doch ein erfolgreiches Ende der Dauerdebatte um eine Neuordnung der Landesbanken in diesem Jahr gilt als unwahrscheinlich: Noch ist nicht das gesamte Ausmaß der Einbußen bekannt, die Vertrauenskrise hält an. Zudem scheint bei vielen Politikern die ökonomische Notwendigkeit von Veränderungen bislang nicht angekommen zu sein: Die Landesfürsten wachen argwöhnisch über "ihre" jeweilige Landesbank als Instrument regionaler Industriepolitik. Kommende Landtagswahlen wie die in Bayern in diesem September bremsen den Reformwillen eher noch./jb/vd/DP/wiz

 

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