18.02.2019 17:08:45
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EZB/Praet sieht Kreditvergabe als Konjunkturrisiko - Zeitung
FRANKFURT (Dow Jones)--EZB-Chefvolkswirt Peter Praet macht sich Sorgen um die Banken im Euroraum und warnt vor der Gefahr, dass die Finanzinstitute mit einer zögerlichen Kreditvergabe die aktuelle Abschwächung der Euro-Wirtschaft noch erheblich verstärken könnten. Das prozyklische Verhalten der Banken sei ein wichtiger Grund, "warum Konjunkturzyklen manchmal böse enden", sagt Praet im Interview der Börsen-Zeitung. Derzeit bestehe "das Risiko, dass die Banken sogar noch prozyklischer handeln, als sie das normalerweise schon tun".
Praet betont zwar, dass die Banken heute viel besser mit Eigenkapital ausgestattet seien und über höhere Liquiditätspuffer verfügten als früher. Zugleich seien die Aktienkurse der Banken aber stark gesunken, und die Profitabilität sei vielfach sehr gering. Deshalb bestehe das Risiko, dass die Banken jetzt noch weniger Kredite vergeben als sonst schon in einer schlechteren wirtschaftlichen Lage. Die EZB müsse deshalb "die Wirkungskette der Geldpolitik über das Bankensystem sorgfältig beobachten", so Praet: "Im März werden wir den gegenwärtigen und den zu erwartenden Zustand der geldpolitischen Transmission über die Banken einschätzen."
Mit seinen Aussagen dürfte Praet Spekulationen anheizen, dass der EZB-Rat neue Langfristkredite für Geschäftsbanken auflegt, so genannte LTRO, und das womöglich schon bei seiner geldpolitischen Sitzung am 7. März beschließt. Im Zuge einer zweiten Runde solcher Geschäfte hatte die EZB ab Mitte 2016 rund 700 Milliarden Euro an die Banken verliehen, um so die Kreditvergabe anzukurbeln.
Laut Praet ist die Konjunkturabkühlung im Euroraum "breiter und hartnäckiger als gedacht", zudem hätten die Risiken "zuletzt deutlich zugenommen". "Das Wachstum dürfte auf kurze Sicht schwächer ausfallen als zuvor erwartet", sagt er. Praet erwartet, dass die kurzfristigen Projektionen der EZB-Volkswirte Anfang März nach unten revidiert werden. Für die EZB-Politik sei aber die mittelfristige Perspektive entscheidend. Bislang habe der EZB-Rat an seinem Basisszenario festgehalten, dass die Euro-Wirtschaft weiter wächst und sich die Inflation mittelfristig dem Zielwert von knapp 2 Prozent nähere.
Anfang März werde der EZB-Rat seine Einschätzung "erneut auf den Prüfstand" stellen, sagte der EZB-Chefvolkswirt. Dass die Euro-Wirtschaft nun absehbar schon drei Quartale unter ihrem Wachstumspotenzial wachse, sei aber "sicher keine gute Nachricht". "Abwärtsrisiken für das Wachstum könnten auf mittlere Sicht zu Abwärtsrisiken für die Inflation führen", sagt Praet. Im Notfall habe der EZB-Rat die Pflicht zu reagieren: "Falls unser Vertrauen schwinden würde, dass sich die Inflationsrate auf mittlere Frist und nachhaltig einem Niveau von weniger und zugleich nahe 2 Prozent annähert, wäre es unser Mandat, zu handeln."
Dass der Handlungsspielraum der EZB im Notfall nahezu begrenzt sei, weil die Leitzinsen bereits bei oder gar unter null liegen und QE an selbst gesetzte Grenzen stößt, will Praet nicht stehen lassen: "Der EZB-Rat wird wenn nötig immer Wege und Mittel finden zu handeln." Wenn sich die Euro-Wirtschaft stärker abschwächen sollte, könnte die EZB ihren Zinsausblick (Forward Guidance) anpassen und das durch andere Maßnahmen ergänzen. Auch Anleihekäufe gehörten nun zum Instrumentenkasten, betont er, schränkt aber zugleich ein: "Das heißt aber nicht, dass sie unter den derzeitigen Umständen die bevorzugte Option sind."
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
DJG/hab
(END) Dow Jones Newswires
February 18, 2019 11:08 ET (16:08 GMT)

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