03.12.2014 17:06:47
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Experten warnen vor Stellenabbau wegen Mindestlohn - DGB-Kritik
BERLIN/SCHWERIN (dpa-AFX) - Wenige Wochen vor der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns haben Experten vor einem massiven Abbau von Arbeitsplätzen gewarnt. Bundesweit bis zu 570 000 Jobs könnten durch die vom 1. Januar an geltende Lohnuntergrenze von 8,50 Euro je Stunde wegfallen, teilte die arbeitgebernahe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) am Mittwoch mit. Besonders groß sei die Gefahr in Ostdeutschland.
Eine Studie von Wissenschaftlern aus Berlin, Dresden und Magdeburg habe ergeben, dass etwa in Mecklenburg-Vorpommern bei den geringfügig Beschäftigten ein Fünftel der Stellen verloren gehen könnte. Insgesamt seien vier Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Jobs in Ostdeutschland in Gefahr, teilte die INSM weiter mit. Sie hatte die Studie in Auftrag gegeben. "Der gesetzliche Mindestlohn wird vor allem jenen schaden, denen die Politik vorgibt zu helfen, nämlich Arbeitnehmern mit geringen Qualifikationen", sagt Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer der INSM.
DGB-Nord-Chef Uwe Polkaehn zweifelte indes die Aussagekraft der Studie an und zeigte sich überzeugt, dass "steigende Löhne die Wirtschaft ankurbeln" werden. Er verteidigte den Mindestlohn gegen die Dauerkritik aus dem Unternehmerlager: "Geschäftsmodelle, die auf Ausbeutung und Lohndumping basieren, haben keine Zukunft, denn sie schaden der Wirtschaft und den Arbeitnehmern", betonte Polkaehn. Beleg für die fehlende Seriosität der INSM-Studie sei die Aussage, dass es für Langzeitarbeitslose besonders schwer werde, wieder in den Arbeitsmarkt zurückzukehren. "Bekanntlich sind Langzeitarbeitslose ausdrücklich vom Mindestlohn ausgenommen", sagte Polkaehn.
Auch Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) zeigte sich zuversichtlich, dass der gesetzliche Mindestlohn nicht zum Abbau von Arbeitsplätzen führen wird. Darauf habe die Bundesregierung bei der Gestaltung des Gesetzes geachtet, und auch die Landesregierung habe Regelungen dazu getroffen. "Mir ist wichtig, dass die Menschen bei uns im Land von ihrer Arbeit leben können", betonte Glawe.
Die Landes-Vereinigung der Unternehmensverbände VUMV sieht allerdings 24 000 Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern in Gefahr. "Die Landesregierung hat im April im Bundesrat für das Mindestlohn-Gesetz gestimmt. Damit hat sie Mecklenburg-Vorpommern wie auch allen anderen ostdeutschen Bundesländern einen Bärendienst erwiesen", erklärte VUMV-Arbeitsmarktexperte Hans-Günter Trepte. Trotz eines deutlich erholten Arbeitsmarktes sei ein hochriskantes Feldexperiment gestartet worden. Statt der erhofften Lohnspirale nach oben drohe sich nun die Job-Spirale nach unten zu drehen. Für einen Einstieg in Arbeit habe das Mindestlohngesetz die Hürden höher gesetzt, zeigte sich Trepte überzeugt. Der VUMV vertritt 5000 Mitgliedsunternehmen mit etwa 200 000 Arbeitnehmern./fp/DP/jsl
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