27.02.2013 18:26:30
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Experten uneins über Trennbanken-Idee
Von Andreas Kißler
BERLIN--Bundesbank, Finanzaufsicht und Wirtschaftsexperten haben sich in einer Anhörung uneinig zu einer geplanten Trennung von Handels- und Einlagengeschäft der Banken gezeigt. Während sich Bundesbankvorstand Andreas Dombret und die Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Elke König, trotz teilweiser Bedenken in Detailfragen grundsätzlich hinter die Idee stellten, übte der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), Michael Hüther, im Bundestagsfinanzausschuss deutliche Kritik.
In seiner schriftlichen Stellungnahme für das "öffentliche Fachgespräch" über die Vorschläge der EU-Expertengruppe um den finnischen Notenbankpräsidenten Erkki Liikanen für die Bankenreform warnte Dombret zwar vor unerwünschten Marktfolgen einer geplanten Trennung von Handels- und Einlagengeschäft. Auf die Fragen der Abgeordneten stellte er sich jedoch im Prinzip hinter die Liikanen-Vorschläge, deren "Stoßrichtung" die Notenbank für "sehr gut" halte.
"Die Abtrennung des Handelsgeschäftes kann ein sinnvoller Baustein auf dem Weg zu einem stabileren Finanzsystem sein", sagte Dombret. Sie könne das Ansteckungsrisiko innerhalb des ursprünglichen Instituts verringern.
"Die Bedeutung marktlicher Ansteckungskanäle könnte im Gegenzug aber zunehmen, wenn die Handelseinheit eine strukturell instabilere Refinanzierung ausschließlich über den Kapitalmarkt herstellen muss", erklärte Dombret allerdings in seiner Stellungnahme auch. Und in der Finanzkrise sei die Ansteckung innerhalb des Marktes "weitaus entscheidender" gewesen als die Verflechtung innerhalb eines Bankkonzerns.
Dombret bezeichnete es als fraglich, ob die Stabilitätsgewinne durch die funktionale Trennung so hoch sind, wie die Liikanen-Gruppe das annimmt. "Daran machen wir ein Fragezeichen", sagte der Bundesbankvorstand. Eine funktionale Trennung könne helfen, das klassische Bankgeschäft vor Risiken zu schützen; allerdings sei es wichtig, Umgehungen zu verhindern. "Und dafür müssen die abzutrennenden Geschäfte auch eindeutig definiert werden," verlangte er.
IW-Direktor Hüther hob jedoch hervor, eine solche Definition sei nach seiner Einschätzung überhaupt nicht möglich. "Wir laufen im Grunde in Abgrenzungsprobleme hinein, die wir ex-ante nicht eindeutig regeln können", warnte der Kölner Wirtschaftswissenschaftler. "Ich persönlich habe bisher keinen Befund dafür, dass die Trennung wirklich hilft", sagte er. Der ganze Plan sei "nicht praktikabel" und berge "eine grundsätzliche Unsicherheitskulisse" für die Akteure.
"Die Vermutung, dass der Steuerzahler und der brave Sparer auf diese Weise besonders effektiv gesichert werden können, bleibt eine vage Hoffnung," erklärte Hüther in seiner Stellungnahme. Nötig sei vielmehr "ein umfassendes Re-Regulierungssystem", forderte der IW-Direktor und warnte: "Die Fokussierung auf Trennbanken würde zu kurz greifen."
BaFin-Präsidentin König betonte, im System der Universalbanken sei eine "implizite Staatsgarantie" allgegenwärtig, und damit auch die Tatsache, dass das Handelsgeschäft von dieser profitiere. Mit einer Trennung werde das Geschäft teurer, "eine Aussage, die ich nicht für eine negative Aussage halte", betonte die Bankenaufseherin. Das Geschäft müsse dann zu Marktpreisen finanziert werden.
Der Frankfurter Wirtschaftsprofessor Jan Pieter Krahnen, der als einziger Deutscher der Liikanen-Expertengruppe angehörte, verteidigte die Vorschläge des Gremiums. Er äußerte aber indirekte Kritik an dem deutschen Gesetzentwurf zu dem Thema.
Zwar sei der grundsätzliche Ansatz des Gesetzentwurfs, die riskanten Handelsgeschäfte vom Kundengeschäft zu abzutrennen, begrüßenswert. "Die konkret vorgesehene Unterscheidung zwischen Eigengeschäft und Geschäft im Kundenauftrag ist jedoch so formuliert, dass davon auszugehen ist, dass Handelsgeschäft nur in geringem Umfang tatsächlich abgetrennt würde", warnte Krahnen in einer zusammen mit Andreas Hackethal verfassten Stellungnahme dazu.
In der Anhörung forderte er deshalb, das gesamte Handelsgeschäft, also Eigenhandel und Marketmaking, von dem Geschäft mit Kundeneinlagen in eine sich nach Marktregeln refinanzierende Einheit abzutrennen.
Seine Kritik bezieht sich vor allem auf die im Gesetzentwurf vorgesehene Unterscheidung von Eigenhandel und Handel, der eine Dienstleistung für andere darstellt, und auf den breiten Umfang der weiterhin erlaubten Handelsgeschäfte, die Auslagerungen und anhaltende Quersubventionierungen in maßgeblichem Umfang erlaubten.
Nach dem Willen der Bundesregierung sollen in Deutschland schon 2014 Regeln für Trennbanken in Kraft treten und damit vor einer EU-weiten Umsetzung der Empfehlungen Liikanens. Der vom Kabinett dazu beschlossene Gesetzentwurf sieht vor, dass Banken zur Abspaltung riskanter Handelsgeschäfte vom Einlagen- und Kreditgeschäft gezwungen werden können. Die BaFin soll eine Abtrennung des riskanten Geschäftes anordnen können, wenn die Risikopositionen 100 Milliarden Euro oder 20 Prozent der Bilanzsumme des Kreditinstituts übersteigen. Dann müssen die Geldhäuser die spekulativen Geschäfte in eine rechtlich, organisatorisch und wirtschaftlich eigenständige Einheit auslagern.
Nach Angaben von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) fallen zehn bis zwölf Banken in Deutschland laut den bisher bekannten Zahlen unter die geplanten Regelungen für Trennbanken.
Allerdings ist nicht sicher, dass das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode tatsächlich beschlossen werden kann. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat den Regierungsentwurf bereits als "nicht ausreichend" kritisiert, und die Opposition könnte das Gesetzesvorhaben mit ihrer Mehrheit im Bundesrat und Vermittlungsausschuss bis nach der Bundestagswahl verzögern.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@dowjones.com
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February 27, 2013 11:55 ET (16:55 GMT)
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