12.07.2015 13:50:45

Euro-Finanzminister pochen auf Garantien in Gesprächen mit Athen

   Von Andreas Kißler

   BRÜSSEL/BERLIN (Dow Jones)--Die Euro-Finanzminister haben ihre Krisengespräche zur Zukunft Griechenlands in der Währungsunion am Sonntag in Brüssel fortgesetzt. Viele Minister zeigten sich bei ihrem Eintreffen aber skeptisch für eine schnelle Einigung. Sie fordern von Athen mehr Reformen und vor allem Garantien für deren Umsetzung.

   Die EU-Kommission rechnet deshalb nach Aussagen ihres Vizepräsidenten Valdis Dombrovskis nicht damit, noch am Sonntag ein Mandat für die Aufnahme von Verhandlungen über ein drittes Hilfsprogramm für Griechenland zu erhalten, dessen Mittel aus dem Rettungsfonds ESM kämen.

   "Ich denke, es ist relativ unwahrscheinlich, dass die Europäische Kommission heute ein Mandat bekommen wird, die formellen Verhandlungen mit Blick auf das dritte Programm, oder ESM-Programm, zu beginnen", sagte der Lette. Die Eurogruppe könnte aber die Diskussionen der Staats- und Regierungschefs vorbereiten, die am Nachmittag in Brüssel stattfinden, und "Input" dafür liefern.

   Meinungen unter Euro-Finanzministern gehen auseinander

   Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling sagte, es werde versucht, "dass die Eurogruppe ein Statement entwickelt, das wir dann den Staats- und Regierungschefs übermitteln". Darin solle es "eine klare Empfehlung", aber möglicherweise auch "Alternativempfehlungen" geben. Schelling sagte, es bestehe derzeit über viele Fragen Uneinigkeit unter den Finanzministern der Euro-Länder. "Es gibt verschiedenste Meinungen dazu, wie man weiter vorzugehen hat."

   Ein Vorschlag für einen zeitweisen Austritt Athens aus dem Euro sei in die Beratungen "offiziell nicht eingebracht worden", berichtete der österreichische Finanzminister aber.

   Während der laufenden Brüsseler Verhandlungen der Euro-Finanzminister zum Schicksal Griechenlands am Samstag war bekannt geworden, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erwägt, bei einem Scheitern der Griechenland-Verhandlungen einen vorübergehenden Austritt Athens aus der Währungsunion vorzuschlagen.

   Schäuble brachte Option eines zeitweisen Grexit ins Spiel

   In einem Papier des deutschen Finanzministeriums, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte, ist als eine Option ein so genannter "Grexit" für mindestens fünf Jahre genannt, in denen Athen seine Schulden restrukturieren soll. Sie soll für den Fall gelten, dass die andere in dem Dokument genannte Alternative nicht realisiert wird - nämlich dass Athen seine bisherigen Vorschläge schnell und umfassend nachbessert und einen Fonds zur Bedienung der Schulden einrichtet.

   Die Idee war offenbar mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) abgesprochen. Gabriel erklärte via Facebook, dass der SPD dieser Vorschlag "natürlich bekannt" sei. "Dieser Vorschlag wäre aber nur realisierbar, wenn die griechische Regierung ihn selbst für die bessere Alternative halten würde", betonte der SPD-Chef aber.

   Hintergrund des Planes ist, dass Berlin offenbar mit den von Athen vorgeschlagenen Maßnahmen einen Schuldenschnitt für unausweichlich hält, den es aber in der Eurozone nicht geben darf.

   Griechenland hatte am Donnerstagabend eine 13-seitige Liste mit Reform- und Sparvorschlägen vorgelegt und verspricht sich dadurch ein neues, dreijähriges Hilfsprogramm des ESM. Athen kündigt darin unter anderem Steuererhöhungen und Privatisierungen sowie eine Rentenreform an. Der gesamte Finanzbedarf wurde am Samstag auf 74 Milliarden Euro beziffert, von denen 16 Milliarden vom Internationalen Währungsfonds kommen sollen.

   Regierungschefs sollen bis zur Lösung verhandeln

   Um den Regierungschefs nun mehr Zeit für ihre Verhandlungen zu ermöglichen, hat EU-Ratspräsident Donald Tusk ein für den Abend geplantes Gipfeltreffen der gesamten EU abgesagt. Der Euro-Gipfel werde "dauern, bis wir die Gespräche zu Griechenland abschließen", kündigte Tusk über den Kurznachrichtendienst Twitter an.

   Finnlands Finanzminister Alexander Stubb erklärte, dass die von Athen bisher vorgeschlagenen Reformmaßnahmen "zu diesem Zeitpunkt einfach nicht genug" seien. "Wir brauchen klare Verpflichtungen, klare Konditionalität und klare Beweise, dass diese Verpflichtungen umgesetzt werden", sagte er.

   Schelling betonte, bei den Nachbesserungen, welche die Geldgeber von Athen fordern, sei man "einen Schritt weiter gekommen, bei den Garantien noch nicht". Er sagte, eine Grundsatzvereinbarung werde wohl nicht endgültig bis zum 20. Juli ausverhandelt sein, sodass man über eine "Zwischenfinanzierung" sprechen müsse.

   Griechische Offizielle haben schon gewarnt, den Banken des Landes könnten nach Montag das Bargeld ausgehen. Am 20. Juli muss Athen 3,5 Milliarden Euro plus 700 Millionen Euro an Zinsen an die EZB zurückzahlen. Versäumt die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras diese Zahlung, könnte die EZB auch ihre Notkredite einstellen, was Athen zwingen könnte, eine eigene Währung aufzulegen.

   (Mitarbeit: Gabriele Steinhauser and Viktoria Dendrinou)

   Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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   July 12, 2015 07:18 ET (11:18 GMT)

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