10.07.2008 13:30:00

EU-Klimapaket hat für Sarkozy höchste Priorität

   STRASSBURG (Dow Jones)--Wenn jetzt nicht die richtigen Weichen für den Klimaschutz gestellt werden, können nach Einschätzung von Nicolas Sarkozy die kommenden Generationen nur noch die Schäden des Klimawandels begrenzen. "Wir sind die letzte Generation, die eine Katastrophe verhindern kann - die allerletzte", sagte der französische Staatspräsident und im zweiten Halbjahr amtierende EU-Ratsvorsitzende am Donnerstag vor dem Europäischen Parlament.

   Deshalb habe die Verabschiedung umfassender EU-Klimaschutz- und Energiegesetze höchste Priorität für die französische Ratspräsidentschaft. Gelinge dies nicht, habe die EU keine Chance, Länder wie China und Indien bei der UN-Klimaschutzkonferenz Ende 2009 zur Festlegung auf ambitionierte Klimaschutzziele zu bewegen, sagte Sarkozy.

   Auch die institutionelle Krise der EU müsse bis Jahresende gelöst werden. Die Aufnahme neuer EU-Mitglieder sei nur mit dem Vertrag von Lissabon möglich, den die Iren bei einer Volksabstimmung abgelehnt haben. Die EU habe nur die Wahl zwischen dem Lissabon-Vertrag oder dem geltenden Vertrag von Nizza. Etwas anderes werde es nicht geben. Der Nizza-Vertrag stehe aber für die EU der 27 Mitgliedstaaten. "Das ist keine Erpressung", sagte Sarkozy. Man dürfe die "irischen Freunde" auch nicht brüskieren, aber spätestens bis zum EU-Gipfel im Dezember müsse das Problem gelöst werden. Schließlich brauche man auch Klarheit, auf welcher Vertragsgrundlage im Juni 2009 die Wahlen zum Europäischen Parlament stattfinden werden.

   Eine EU der unterschiedlichen Geschwindigkeiten ist für Sarkozy nur die "letzte Möglichkeit". "Wir sollten es uns gut überlegen, bevor wir irgendjemand zurücklassen", sagte er. Europa habe in der Vergangenheit einen hohen Preis dafür gezahlt, nicht vereinigt zu sein.

   Sarkozy rief den polnischen Präsidenten Lech Kaczynski auf, die Ratifizierung des Lissabon-Vertrags in seinem Land nicht zu verhindern. Das sei eine "moralische Verpflichtung", denn Kaczynski habe den Vertrag selbst mit ausgehandelt und sein Wort gegeben, sich für die Ratifizierung einzusetzen. Die Regierungen der Mitgliedstaaten dürften künftig nicht länger "Europa für die Entscheidungen zahlen lassen", die sie selbst in Brüssel getroffen hätten, sagte der französische Staatspräsident.

   Als weitere wichtige Themen seiner Ratspräsidentschaft nannte Sarkozy eine europäische Immigrationspolitik, die Rüstungspolitik und die Sicherung der Lebensmittelversorgung. Nach der vollständigen Öffnung der nationalen Arbeitsmärkte für alle EU-Bürger, was Frankreich zum 1. Juli getan habe, sei die Diskussion über eine gemeinsame Einwanderungspolitik "legitim". Die EU wolle keine "Festung" sein und brauche Zuwanderung und Arbeitskräfte aus Drittstaaten, könne aber "nicht alle aufnehmen, die kommen wollen." Auch Asylverfahren könnten nicht 27 mal durchlaufen werden, fügte Sarkozy hinzu.

   In Bezug auf die Verteidigung könne es sich die EU nicht leisten, die jeweiligen nationalen Rüstungsindustrien "bis an den Rand des Ruins" miteinander konkurrieren zu lassen.

   Mit Blick auf die globale Nahrungsmittelkrise erinnerte Sarkozy daran, dass alle 30 Sekunden ein Kind an Hunger sterbe und dass die Weltbevölkerung bis 2050 auf 9 Milliarden Menschen anwachsen werde. "Ist es sinnvoll, eine Reduzierung der Agrarproduktion in der EU zu verlangen, wenn die Welt Lebensmittel so dringend braucht?", fragte er. Es gehe dabei nicht um die Verteidigung französischer Interessen, sondern um "gesunden Menschenverstand". Sarkozy hinterfragte auch, ob die EU den eigenen Landwirten immer mehr Regeln auferlegen solle, wenn gleichzeitig Agrarprodukte aus Drittstaaten importiert würden, in denen diese Regeln nicht eingehalten würden.

-Von Frank Hütten, Dow Jones Newswires; ++32 2 7411490, europa.de@dowjones.com DJG/frh/ang/kth (END) Dow Jones Newswires

   July 10, 2008 07:28 ET (11:28 GMT)

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